Rz. 104

Steuern, die für Dritte einbehalten und abgeführt werden (z. B. Lohnsteuer für Arbeitnehmer, Kapitalertragsteuer) oder für die der Kaufmann oder die Gesellschaft als Haftende/r in Anspruch genommen wird, sind kein Steueraufwand des Kaufmanns oder der Gesellschaft. Diese Steuern sind, sofern sie Aufwandscharakter haben, denjenigen Aufwendungen zuzurechnen, auf die sie berechnet werden (z. B. Löhne und Gehälter, Zinsaufwand, sonstige betriebliche Aufwendungen).[1] Einbehaltene Kapitalertragsteuern auf ausgeschüttete Dividende ist ebenso wie die Netto-Dividendenzahlung an die Anteilseigner kein Aufwand des ausschüttenden Unternehmens.

 

Rz. 105

Bilanziell werden die einbehaltenen und abzuführenden Steuern als (sonstige) Verbindlichkeiten ausgewiesen. Mittelgroße und große Kapitalgesellschaften haben in den "Davon"-Vermerk auch die einbehaltenen und abzuführenden Steuern einzubeziehen.[2]

 

Rz. 106

Strittig ist jedoch der Ausweis der Verpflichtungen aus der Haftung des Kaufmanns für Steuerschulden Dritter, falls mit einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist. Sofern man die Position "Steuerrückstellungen" als Sammelposition für sämtliche Steuerrisiken interpretiert, die das Unternehmen als Steuerschuldner oder Haftungsschuldner betreffen, so sind auch die Verpflichtungen aus der Steuerhaftung hierunter auszuweisen, da zum steuerlichen Schuldverhältnis auch Haftungsschulden zählen.[3] Nach der Gegenmeinung sollen Risiken aus der Steuerhaftung unter den sonstigen Rückstellungen abgebildet werden, sodass nur die Risiken für die eigenen Steuerschulden als Steuerrückstellungen ausgewiesen werden.[4] Diese Auffassung stützt sich ausschließlich auf die unterschiedliche erfolgswirksame Dotierung der Posten (Rz. 104).

Nach der hier vertretenen Meinung ist einem Ausweis der Risiken aus der Steuerhaftung unter den Steuerrückstellungen der Vorzug zu geben. Nur mit diesem Ausweis werden die Finanzbehörden als Anspruchsgegner und damit auch die Durchsetzungsmöglichkeiten ihrer Ansprüche in der Bilanz zutreffend aufgeführt. Die Verwirklichung dieses Informationsziels erscheint gewichtiger als eine "künstliche" Auftrennung von Ansprüchen der Finanzbehörden in die aus Steuerschuldnerschaft und die aus Steuerhaftung. Auch der Hinweis auf die "Buchungsmechanik", dass ein nicht unter dem Steueraufwand gebuchter Posten nicht zu einer bilanziellen Steuerschuld führen kann, greift zu kurz. So werden im "Davon"-Vermerk zu den sonstigen Verbindlichkeiten bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften nach unbestrittener Literaturmeinung auch die Steuerverbindlichkeiten aus einbehaltener und abzuführender Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer gemeinsam mit veranlagten eigenen Steuerschulden ausgewiesen, obwohl die Sollbuchung über unterschiedliche Aufwandskonten erfolgt (Rz. 105).

[1] Vgl. Walz, in Böcking u. a., Beck'sches Handbuch der Rechnungslegung, B 338 Rz. 8, Stand: 12/2019.
[2] Vgl. Schubert, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 266 HGB Rz. 246, 253.
[3] Vgl. Schubert, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 266 HGB Rz. 201; Scheffler, in Böcking u. a., Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung, B 233 Rz. 439, Stand: 1/2021; Schüppen, in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht Kommentar, 3. Aufl. 2022, § 275 HGB Rz. 51; Reiner, in Schmidt/Ebke, Münchener Kommentar HGB, Bd. 4, 4. Aufl. 2020, § 266 HGB Rz. 103.
[4] Vgl. Marx, Steuern in der externen Rechnungslegung, 1998, S. 93.

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