Nach § 4 Nr. 4b UStG ist die einer Einfuhr vorangehende Lieferung (Einfuhrlieferung) von der Umsatzsteuer befreit, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand einführt. Die Steuerbefreiung gilt darüber hinaus auch für die der Einfuhrlieferung vorangegangenen Lieferungen.

Bei den Befreiungen nach § 4 Nr. 4a und § 4 Nr. 4b UStG gibt es keine Vorrangstellung. Der Unternehmer hat vielmehr ein Wahlrecht, welche der beiden Steuerbefreiungen er anwenden will, wenn er eine Nicht-Unionsware einem Nichterhebungsverfahren unterwirft. Dabei bleibt es dem Unternehmer unbenommen, derartige Nicht-Unionswaren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr überzuführen und danach in ein Steuerlager einzulagern. Werden die Gegenstände danach geliefert, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchst. a Satz 1 UStG bei Vorliegen der Voraussetzungen in Anspruch genommen werden.

 
Praxis-Beispiel

Import und Weiterverkauf von Rohzucker

Unternehmer A liefert im Jahr 2022 Rohzucker aus den USA an Unternehmer B in Deutschland (Versendung durch A). Sobald der Zucker in das Gemeinschaftsgebiet gelangt, wird dieser von B in ein Zolllagerverfahren übergeführt. B lagert die Ware beim Lagerhalter L in Deutschland ein (L betreibt sowohl ein Zoll- als auch ein Umsatzsteuerlager). Danach wird der Gegenstand (der im Umsatzsteuerlager verbleibt) von B an C, von C an D und von D an E zu der Kondition "unverzollt und unversteuert" verkauft. E bittet L, den Zucker in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr zu überführen und dann in dessen Umsatzsteuerlager zu übernehmen. Danach werden die Waren zu der Kondition "verzollt und versteuert" von E an F und von F an G veräußert.

Die Lieferung des A an B ist in Deutschland nicht steuerbar; der Lieferort liegt nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in den USA. Da B die Waren in das Zolllagerverfahren übergeführt hat, ist der Einfuhrtatbestand nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG nicht erfüllt (die Verwirklichung des umsatzsteuerrechtlichen Einfuhrtatbestandes setzt voraus, dass ein Gegenstand aus dem Drittland in das (deutsche) Inland verbracht wird und dieser Vorgang hier steuerbar ist. Für den umsatzsteuerrechtlichen Einfuhrtatbestand ist damit nicht allein entscheidend, dass der Gegenstand körperlich aus dem Drittlandsgebiet in das Inland gelangt, sondern hier grundsätzlich der Besteuerung unterliegt, d. h. im Regelfall eine EUSt-Schuld entsteht. Danach liegt z. B. keine umsatzsteuerrechtliche Einfuhr vor, wenn sich die Drittlandsware (zollrechtlich eine Nicht-Unionsware) (noch) in einem zollrechtlichen besonderen Verfahren (z. B. externer Versand) befindet. In diesen Fällen gilt die Ware rechtlich als noch nicht im Inland eingeführt. Umsatzsteuerrechtlich wird für die Einfuhr also nicht nur auf das körperliche Verbringen der Waren nach Deutschland, sondern zusätzlich auf die Entstehung der Einfuhrzollschuld abgestellt. Einfuhr ist auch das Verbringen von Unionswaren mit Herkunft aus einem umsatzsteuerrechtlichen Drittgebiet in das Inland, soweit dieser Vorgang steuerbar ist). Die Lieferungen des B an C, des C an D und des D an E im Zolllager sind nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfrei. Die Einfuhr durch E ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 UStG steuerfrei, weil die Waren im Anschluss an die Einfuhr zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen nach § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchst. a Satz 1 UStG verwendet werden sollen. Die Lieferungen von E an F und von F an G sind nach § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchst. a Satz 1 UStG steuerfrei.

14.1 Nicht-Unionswaren/ Unionswaren

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 4b UStG gilt für alle Lieferungen von Nicht-Unionswaren, die sich in einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren befinden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Abnehmer der Lieferung oder ein nachfolgender Abnehmer bzw. ein Beauftragter von diesen den Liefergegenstand einführt.

Waren, die sich im Zollgebiet der Unionbefinden, haben zollrechtlich entweder den Status von Unionswaren oder den Status von Nicht-Unionswaren. Unionswaren[1] sind:

  • Waren, die im Zollgebiet der Union vollständig gewonnen oder hergestellt wurden und bei deren Herstellung keine aus Ländern oder Gebieten außerhalb des Zollgebiets der Union eingeführten Waren verwendet wurden;
  • Waren, die aus Ländern oder Gebieten außerhalb des Zollgebiets der Union in dieses Gebiet verbracht und zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen wurden;
  • Waren, die im Zollgeniet der Union entweder ausschließlich aus Waren nach dem zweiten Aufzählungspunkt oder aus Waren nach den ersten beiden Aufzählungspunkten gewonnen oder hergestellt wurden.

Nicht-Unionswaren[2] sind andere als die v. g. Waren und Waren, die den zollrechtlichen Status als Unionswaren verloren haben. Unbeschadet des Art. 254 UZK unterliegen Unionswaren nicht mehr der zollamtlichen Überwachung, sobald ihr zollrechtlicher Status festgestellt ist.[3] Unionswaren werden zu Nicht-Unionswaren, wenn sie aus dem Zollgebiet der Union verbracht werden, sofern nicht die Vorschriften über den internen Versand Anwendung finden, wenn sie, sofern dies nach den zollrechtlichen Vorsc...

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