Das Steuergeheimnis gilt nicht uneingeschränkt. In zahlreichen Fällen sind Amtsträger befugt, ihnen bekannt gewordene Verhältnisse anderer Personen zu offenbaren.[1] Befugt ist ein Offenbaren nur, wenn und soweit dies ausdrücklich gesetzlich geregelt ist. Offenbarungsbefugnisse sind nicht nur in der AO, sondern auch in anderen Gesetzen geregelt.[2] Eine Offenbarung ist auch zulässig, soweit sie der Sicherung, Nutzung und wissenschaftlichen Verwertung von Archivgut der Finanzbehörden durch das Bundesarchiv nach Maßgabe des Bundesarchivgesetzes oder durch das zuständige Landes- oder Kommunalarchiv nach Maßgabe des einschlägigen Landesgesetzes oder der einschlägigen kommunalen Satzung dient, sofern die Beachtung der Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 des Bundesarchivgesetzes im Landesrecht oder in der kommunalen Satzung sichergestellt ist.[3]

Unabhängig davon ist ein Offenbaren stets befugt, soweit der Betroffene zustimmt.[4]

In allen Fällen der gesetzlich geregelten Befugnis der Offenbarung von Steuergeheimnissen ist zu beachten, dass Verhältnisse nur in dem Umfang offenbart werden dürfen, soweit dies zugelassen bzw. erforderlich ist.

3.1 Offenbaren zur Durchführung von steuerlichen und gerichtlichen Verfahren

Selbstverständlich können bekannt gewordene Verhältnisse anderer Personen weitergegeben werden, soweit dies der ordnungsgemäßen Durchführung der Besteuerung dient.[1] Insoweit ist auch der automatisierte Abruf von Daten, die in einem Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren gespeichert worden sind, zulässig.[2] Dabei kann die Mitteilung entweder auf Ersuchen oder von Amts wegen erfolgen. Auch kann sogar eine Verpflichtung zur Mitteilung bestehen. Ein Auskunftsanspruch des Steuerpflichtigen kann ungeachtet des Steuergeheimnisses bestehen, wenn dieser der Vorbereitung einer Konkurrentenklage dient, die zum Ziel hat, die rechtswidrige Besteuerung der konkurrierenden Leistungen eines gemeinnützigen Vereins mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz zu beseitigen. In diesem Fall dient die Auskunftserteilung der Durchführung eines Verfahrens in Steuersachen.[3]

Eine häufige Art des Offenbarens sind z. B. Kontrollmitteilungen.

Entsprechendes gilt auch für Mitteilungen zur Verwertung in finanzgerichtlichen und steuerstrafrechtlichen Verfahren sowie in Bußgeldverfahren wegen Steuerordnungswidrigkeiten.

Die Offenbarung von erlangten Kenntnissen ist darüber hinaus auch zulässig zur Verwertung in Strafverfahren wegen einer Tat, die keine Steuerstraftat ist.[4] Dies gilt jedoch nur für solche Kenntnisse, die in einem Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Ordnungswidrigkeit oder die ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung erlangt worden sind.

Macht jemand gegenüber der Finanzbehörde vorsätzlich falsche Angaben, darf dies ebenfalls den Strafverfolgungsbehörden gegenüber offenbart werden.[5]

3.2 Offenbaren wegen eines zwingenden öffentlichen Interesses

Ein zwingendes öffentliches Interesse, das die Offenbarung von erlangten Kenntnissen erlaubt, ist in folgenden Fällen gegeben[1]:

  • zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung oder die nationale Sicherheit oder zur Verhütung oder Verfolgung von Verbrechen und vorsätzlichen schweren Vergehen gegen Leib und Leben oder gegen den Staat und seine Einrichtungen;
  • zur Verfolgung von Wirtschaftsstraftaten, die geeignet sind, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der öffentlichen Einrichtungen erheblich zu erschüttern;
  • zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern.

Die Offenbarungsbefugnis besteht auch bei schweren Dienstvergehen von Beamten und Richtern zwecks Durchführung dienstrechtlicher Maßnahmen.[2] Ein zwingendes öffentliches Interesse kann auch für Auskünfte an Gewerbebehörden in gewerberechtlichen Verfahren bestehen.[3]

[2] BMF, Schreiben v. 12.1.2018, IV A 3 – S 01300/08/10006, BStBl 2018 I S. 201, geändert durch BMF, Schreiben v. 13.1.2023, IV A 3 – S 0130/23/10001 :001, BStBl 2023 I S. 182.

3.3 Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen an bestimmte Körperschaften

Die Finanzbehörden sind berechtigt und verpflichtet, Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträge und Steuerbeträge an Körperschaften des öffentlichen Rechts einschließlich der Religionsgemeinschaften zur Festsetzung von solchen Abgaben mitzuteilen, die an diese Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträge oder Steuerbeträge anknüpfen.[1]

Besonders geregelt ist auch die Mitteilung von Verhältnissen an die Künstlersozialkasse, an die Bundesagentur für Arbeit und an die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung zum Zweck der Festsetz...

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