Leitsatz

Kommt der Lieferer seinen Nachweispflichten nicht nach, liegt grundsätzlich keine steuerfreie innergemeinschaftlichen Lieferung vor. Anders wäre es ausnahmsweise, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass der gelieferte Pkw in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist. Es steht nach der objektiven Beweislage nicht fest, dass der Abholer D das Fahrzeug bestimmungsgemäß an die Firma E nach Italien befördert hat.

 

Sachverhalt

Bei der klagenden Fahrzeugverkäuferin bestellte die in Italien ansässige Firma E. am 14.8.2017 einen gebrauchten Pkw unter Benennung einer gültigen italienischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.). Der Pkw wurde am 22.8.2017 von Herrn D. am Unternehmenssitz der Klägerin unter Vorlage seines italienischen Passes sowie einer auf D. ausgestellte Vollmacht der Firma E. abgeholt. Der Kaufpreis wurde per Banküberweisung vor der Abholung des Pkw bezahlt. Die Klägerin erklärte den Verkauf in der Umsatzsteuererklärung und in der Zusammenfassenden Meldung als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. In der ohne Umsatzsteuerausweis erteilten Rechnung fehlte der erforderliche Hinweis auf die Steuerfreiheit gemäß § 6a UStG.

Laut Auskunft der italienischen Finanzverwaltung hatte die Erwerberin E. den Pkw-Kauf in Italien nicht als korrespondierenden innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a UStG gemeldet. Daraufhin behandelte das Finanzamt der Klägerin den Pkw-Verkauf als umsatzsteuerpflichtig, da z. B. eine Gelangensbestätigung der Erwerberin E. nicht vorlag.

Während des Einspruchsverfahrens versuchte die Klägerin erfolglos Kontakt zur Firma E. herzustellen. Laut einem von der Klägerin eingeholten Online-Auszug aus einem Fahrzeugmelderegister in Italien wurde der gelieferte Pkw am 26.9.2017 in Italien angemeldet – jedoch ohne Benennung des Anmelders. Nach Auffassung der Klägerin sei ihr damit der Beweis des Gelangens des Pkw nach Italien gelungen.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG bleibt es bei der Steuerpflicht der Pkw-Lieferung. Für die Steuerfreiheit nach § 6a UStG hat der Lieferer nachzuweisen, dass er oder der Abnehmer den Liefergegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Als eindeutig und leicht nachprüfbar gilt insbesondere ein Nachweis durch das Doppel der Rechnung und die sog. Gelangensbestätigung, mit der der Abnehmer bestätigt, dass der Liefergegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist. Vorliegend fehlt jedoch eine durch die Erwerberin ausgestellte Gelangensbestätigung. Anstatt der Gelangensbestätigung reicht bei der Lieferung von durch den Abnehmer beförderten Fahrzeugen, für die eine Zulassung für den Straßenverkehr erforderlich ist, ein Nachweis über die Zulassung des Fahrzeugs auf den Erwerber im Bestimmungsland der Lieferung (§ 17a Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UStDV). Dies gilt grundsätzlich auch für Lieferungen an einen im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Fahrzeughändler. Vorliegend fehlt jedoch der Nachweis, dass der Pkw auf die Firma E. in Italien zugelassen worden ist. Weder anhand des Online-Auszugs noch aus der Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes ist erkennbar, auf wen das Fahrzeug in Italien zugelassen wurde.

Trotz Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten kommt die Steuerfreiheit ausnahmsweise infrage, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die gelieferten Pkw zum Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurden (BFH, Urteil v. 26.9.2019, V R 38/18, BStBl 2020 II S. 112, Rz. 17). Vorliegend steht jedoch nach der objektiven Beweislage nicht fest, dass der Abholer D. den Pkw bestimmungsgemäß an die Firma E. nach Italien befördert hat. Hierfür besteht zwar die Möglichkeit, da vorliegend knapp einen Monat nach Abholung der Pkw in Italien zugelassen worden ist. Allerdings besteht ebenso die Möglichkeit, dass der Pkw z. B. von der Firma E. noch in Deutschland weiterveräußert und an einen in Italien ansässigen Dritterwerber (ggf. als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei) befördert worden ist. Dafür spricht wiederum, dass die Firma E. zumindest in Italien keinen zum Verkauf des Fahrzeugs korrespondierenden innergemeinschaftlichen Erwerb angemeldet hat. Möglich wäre zudem eine Nutzung bzw. Zulassung durch D. für private Zwecke.

Hat ein Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, so ist die Lieferung nach § 6a Abs. 4 UStG gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. Die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, stellt sich aber erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV vollständig na...

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