Zusammenfassung
Das Bundeskabinett hat am 24.7.2024 die Regierungsentwürfe für ein "Steuerfortentwicklungsgesetz" (als Referentenentwurf "Zweites Jahressteuergesetz 2024") und für ein "Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024" beschlossen.
Mit diesen Gesetzentwürfen soll die steuerliche Freistellung des Existenzminimums der einkommensteuerpflichtigen für die Jahre 2024, 2025 und 2026 sichergestellt und eine Vielzahl von Entlastungen bei der Einkommensteuer umgesetzt werden. Der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs (Steuerfortentwicklungsgesetz) trug als Referentenentwurf noch den Titel "Zweites Jahressteuergesetz 2024". Es kommen auch Maßnahmen der Wachstumsinitiative der Bundesregierung hinzu, die noch nicht im Referentenentwurf enthalten waren.
Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Änderungen in den verschiedenen Bereichen bzw. Steuerarten.
1 Einkommensteuer
1.1 Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) / Sammelposten § 6 Abs. 2a EStG (neu im Regierungsentwurf)
Für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbstständigen Nutzung fähig sind, kann künftig ein Sammelposten im Wirtschaftsjahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs gebildet werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der nach § 6 Abs. 1 Nrn. 5 bis 6 EStG an deren Stelle tretende Wert für das einzelne Wirtschaftsgut netto 800 EUR (bisher 250 EUR), aber nicht 5.000 EUR (bisher 1.000 EUR) übersteigen. Die gewinnmindernde Auflösung des Sammelpostens soll auf drei Jahre (bisher fünf) verkürzt werden.
Die Pflicht zur Aufnahme von geringwertigen Wirtschaftsgütern bzw. von Wirtschaftsgütern, für die ein Sammelposten gebildet wird in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis (aktuell § 6 Abs. 2 Satz 4 und 5 EStG) soll gestrichen werden.
Gilt für Wirtschaftsgüter anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2024 angeschafft, hergestellt oder eingelegt werden.
1.2 Verlängerung der degressiven AfA, § 7 Abs. 2 EStG (neu im Regierungsentwurf)
Die degressive AfA soll auch für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2024 und vor dem 1.1.2029 angeschafft oder hergestellt worden sind, möglich sein. Der AfA-Satz soll in diesen Fällen auf das 2,5-fache (aktuell 2-fache) der linearen Abschreibung und 25 % aktuell 20 %) begrenzt sein.
1.3 Anpassungen im Einkommensteuertarif, §§ 32 Abs. 6 Satz 1, 32a Abs. 1, 39b Abs. 2 Satz 7 EStG
Die Anpassungen im Einkommensteuertarif sollen zum einen die verfassungsrechtlich zwingend erforderliche Freistellung des Existenzminimums sicherstellen. Sie sollen außerdem insbesondere für kleinere und mittlere Einkommen trotz immer noch erhöhter Inflation eine lediglich progressionsbedingt höhere Einkommensbesteuerung verhindern.
Daher ergibt sich insgesamt für die VZ 2024 und VZ 2026 geltenden Einkommensteuertarife folgendes Bild (die Änderung für VZ 2024 folgt aus dem Regierungsentwurf für ein "Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024"):
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VZ 2024 (bisher) |
VZ 2024 (neu) |
VZ 2025 |
VZ 2026 |
Grundfreibetrag |
11.604 EUR |
11.784 EUR |
12.084 EUR |
12.336 EUR |
Kinderfreibetrag |
6. 384 EUR |
6.612 EUR |
6.672 EUR |
6.828 EUR |
Die Zahlen zum Grund- und Kinderfreibetrag können sich im Herbst nach Vorlage des Progressionsberichts noch ändern.
1.4 Faktorverfahren statt der Steuerklassen 3 und 5, §§ 38b, 39 Abs. 4, 39a Abs. 1, 39b Abs. 2, 39e Abs 1a, 39g und 39g EStG
Mit Gesetzentwurf soll auch die im Koalitionsvertrag vereinbarte Überführung der Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren umgesetzt werden, um die Lohnsteuerbelastung gerechter auf die Eheleute, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner zu verteilen. Vorgesehen ist die Überführung zum 1.1.2030.
Durch eine weitgehende Digitalisierung und Automatisierung soll das bisherige Verfahren deutlich vereinfacht werden. Die zusätzliche Erweiterung des neuen Faktorverfahrens um die sog. Alleinverdiener-Ehen/-Lebenspartnerschaften soll es zudem möglich machen, künftig alle familiären Konstellationen im Lohnsteuerabzugsverfahren hinreichend abzubilden.
Das BZSt soll in allen Fällen, in denen zum 30.9.2029 bei Ehegatten/Lebenspartnern die Steuerklassenkombination III/V für den Lohnsteuerabzug angewendet wird, automatisiert zum 1.10.2029 einen Faktor bilden, der sich anhand der Daten ergibt, die spätestens zum 28.2.2029 vom jeweiligen Arbeitgeber mit den elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen für das erste Dienstverhältnis an die Finanzverwaltung übermittelt worden sind.
1.5 Erhöhung des Kindergelds, § 66 Abs. 1 und 3 EStG § 6 Abs. 1 und 2 BKKG
Das Kindergeld soll zum 1.1.2025 von 250 EUR auf 255 EUR monatlich angehoben werden. Außerdem soll geregelt werden, dass das Kindergeld ab 2026 regelmäßig entsprechend der prozentualen Entwicklung der Freibeträge für Kinder angepasst wird. Die konkrete Höhe des monatlichen Kindergeldes soll aber weiterhin in § 66 Abs. 1 EStG betragsmäßig ausgewiesen werden. Dementsprechend soll das Kindergeld mit Wirkung zum 1.1.2026 um weitere 4 EUR von 255 EUR auf 259 EUR im Monat für jedes Kind angehoben werden.
2 Abgabenordnung
2.1 Mittelverwendung steuerbegünstigter Körperschaften (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO)
Die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung bei steuerbegünstigten Körperschaften in § 55 Abs. 1 Nr. 5 soll abgeschafft werden. Eine Mittelverwendungsrechnung ist dann nicht mehr erforderlich. Ob die Körperschaft tatsächlich gemeinnützig tätig ist und wie sie ihre Mittel einsetzt, wird die Finanzverwaltung dann anhand der bereits vorhandenen Aufzei...