Rz. 91

Gem. § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 HGB besteht für Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung[1] im laufenden Wirtschaftsjahr und Nachholung innerhalb von 3 Monaten im folgenden Wirtschaftsjahr eine Passivierungspflicht, welche auch für die Steuerbilanz Geltung erlangt (R 5.7 Abs. 11 Satz 1 EStR 2012). Jene Innenverpflichtung ist im Zuge der Sachverhaltsgestaltung entsprechend beeinflussbar. Da die Nachholung der unterlassenen Instandhaltung innerhalb von 3 Monaten den Abschluss der relevanten Arbeiten – sei es durch ein fremdes, sei es durch das eigene Unternehmen – vor Ablauf der genannten Frist voraussetzt,[2] lässt sich die Bildung einer Rückstellung durch ein zeitliches Hinauszögern dieses Abschlusses vermeiden, wobei auf die am Bilanzstichtag herrschenden objektiven Verhältnisse abzustellen ist.[3] Angesichts der Tatsache, dass der Nachholungszeitraum relativ kurz ist und sich die Bilanzerstellung hierüber regelmäßig erstrecken wird, lässt sich die Beurteilung auf tatsächliche und nicht auf prognostizierte Entwicklungen stützen.[4] Aufgrund der aufwandswirksamen Bildung einer Rückstellung ist jedoch von einer Aufwandsverschiebung in die Zukunft wegen eines hieraus entstehenden Zins- und Liquiditätsnachteils abzusehen. Entsprechende Überlegungen gelten im Übrigen für Rückstellungen für unterlassene Abraumbeseitigung im laufenden Wirtschaftsjahr und Nachholung im folgenden Wirtschaftsjahr in Gestalt einer Innenverpflichtung (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 HGB und R 5.7 Abs. 11 Satz 2 EStR 2012).

Alternativ zu einer Rückstellungsbildung könnte auch eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert des betroffenen Wirtschaftsguts infrage kommen. Ob Letztere als lex specialis Vorrang besitzt, ist strittig.[5] Im Fall keiner Prioritätensetzung würde sich bei einer voraussichtlich nicht dauernden Wertminderung die Rückstellungsbildung als steueroptimal erweisen, da hinsichtlich der Vornahme einer Teilwertabschreibung ein Verbot besteht.[6]

[1] Hierunter sind wiederkehrende Wartungen und Inspektionen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zu verstehen, um den Erhalt von deren Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Vgl. Mayer-Wegelin, in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung – Einzelabschluss, § 249 HGB Rz. 75, Stand: 2014; Schubert, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 249 HGB Rz. 101.
[2] Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995, § 249 HGB Rz. 178; Schubert, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 249 HGB Rz. 107.
[3] Vgl. auch Wehrheim/Rupp, DStR 2010, S. 824.
[4] Vgl. Mayer-Wegelin, in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung – Einzelabschluss, § 249 HGB Rz. 81, Stand: 2010.
[5] Pro: Schubert, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 249 HGB Rz. 102. A. A.: Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995, § 249 HGB Rz. 170.
[6] Vgl. insbesondere Rz. 73.

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