Rz. 43

Planmäßige Abschreibungen sind bei beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern vorzunehmen, die zur Erzielung von Erträgen verwendet werden und einer wirtschaftlichen, technischen oder rechtlichen Abnutzung unterliegen (R 7.1 Abs. 1 EStR 2012). Als Parameter planmäßiger Abschreibungen, mit denen sich Steuerbilanzpolitik betreiben lässt, fungieren die Abschreibungsbemessungsgrundlage, die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, das Abschreibungsverfahren inkl. Wechsel zwischen 2 Abschreibungsmethoden sowie der Zugangszeitpunkt.

 

Rz. 44

Die Abschreibungsbemessungsgrundlage bilden in der Steuerbilanz die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie steuerliche Ersatzwerte wie gemeiner Wert oder Teilwert. Während im Bereich der Anschaffungskosten ein eher geringes Steuerbilanzpolitikpotenzial vorherrscht, z. B. im Rahmen der Sachverhaltsgestaltung durch Umwidmung von Gemein- in Einzelkosten aufgrund der Substitution von Eigen- in Fremdleistungen et vice versa im Bereich der Anschaffungsnebenkosten,[1] bestehen bei der Ermittlung der Herstellungskosten zahlreiche (sachverhaltsabbildende) Wahlrechte, die jedoch in Handels- und Steuerbilanz übereinstimmend auszuüben sind und eine eigenständige Steuerbilanzpolitik unterbinden.[2] Es gilt, dass mit zunehmender Ausübung steuerlicher Wahlrechte eine höhere Abschreibungsbemessungsgrundlage entsteht mit daraus resultierenden höheren Abschreibungen. Aus steuerlichen Gründen ist diese Inanspruchnahme aller Wahlrechte aufgrund der dabei unterlassenen Gewinnverschiebung in die Zukunft gegenüber einer sofortigen aufwandswirksamen Verrechnung unterlegen. Im Übrigen bieten auch der gemeine Wert sowie der Teilwert aufgrund ihrer unbestimmten gesetzlichen Definitionen (§ 9 Abs. 2 BewG und § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) in gewissen Grenzen Ermessensspielräume zur Beeinflussung der Höhe des Abschreibungspotenzials.

 

Rz. 45

Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer als Abschreibungszeitraum (§ 7 Abs. 1 Satz 2 EStG) richtet sich gewöhnlich nach den sog. AfA-Tabellen des BMF, welche für allgemein verwendbare Wirtschaftsgüter ("AV")[3] sowie für spezielle Wirtschaftsgüter diverser Wirtschaftszweige[4] die zugehörigen Nutzungsdauern angeben und auf Erfahrungen der steuerlichen Betriebsprüfung beruhen. Anderenfalls wäre die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nach den Gegebenheiten des konkreten Betriebs sowie nach den tatsächlichen Verhältnissen unter Berücksichtigung bisheriger Erfahrungswerte gleicher oder ähnlicher Wirtschaftsgüter zu schätzen. Insoweit dienen die AfA-Tabellen der Vereinheitlichung solcher Schätzungen sowie der Verfahrensökonomie.[5] Diese für die Finanzverwaltung verpflichtend einzuhaltenden Zeitlängen lassen sich sachverhaltsgestaltend bei Einsatz des betreffenden Wirtschaftsguts in Doppel- bzw. 3-fach- und 4-fach-Schichten um 25 % bzw. 50 % (wahlweise) verkürzen;[6] eine für Zwecke der Steuerbarwertminimierung förderliche Nutzungsdauerreduktion kann auch bei Einwirkung von Nässe, Säuren usw. oder bei Erwerb in einem gebrauchten Zustand herbeigeführt werden.[7] Trotz AfA-Tabellen und jeweiligen Besonderheiten besteht ein Ermessensspielraum, d. h. es ist eine generelle (nicht einzelfallbedingte) Abweichung zu den oben festgeschriebenen und einen Anhaltspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit bildenden Nutzungsdauern besonders und ausführlich zu begründen.[8] Dabei existiert für jedes Wirtschaftsgut eine einheitliche Nutzungsdauer.[9] Eine Abweichung von den AfA-Tabellen ist nur dann möglich, sofern jene für den Regelfall eine unzutreffende Besteuerung herbeiführen.[10]

 

Rz. 46

Den wichtigsten Parameter zur Steuerbilanzpolitik verkörpert zweifelsohne das zu wählende Abschreibungsverfahren. Während jenes vor dem BilMoG einen Anwendungsfall der umgekehrten Maßgeblichkeit bildete, d. h. die Wahl eines steuerlich zulässigen Abschreibungsverfahrens setzte unter Beachtung des Bewertungsvorbehalts des § 5 Abs. 6 EStG eine entsprechende Vorgehensweise in der Handelsbilanz voraus,[11] können nunmehr steuerliche Abschreibungsverfahren losgelöst von der handelsrechtlichen Handhabe in Anspruch genommen werden, was eine eigenständige Steuerbilanzpolitik eröffnet. Diese zwar durch das BMF-Schreiben v. 12.3.2010 nur für die geometrisch-degressive AfA bestätigte Sichtweise[12] muss gleichermaßen für die Inanspruchnahme der linearen AfA und der Leistungs-AfA Geltung erlangen.[13] Ebenso ist m. E. die bei Bergbauunternehmen, Steinbrüchen usw. mögliche AfS als Spezialfall der Leistungs-AfA betroffen. Auch die Gebäude-AfA i. S. v. § 7 Abs. 4 – 5 EStG, die vor dem BilMoG in den Anwendungsbereich der umgekehrten Maßgeblichkeit fielen,[14] lassen sich nunmehr steuerlich autonom ausüben. Letztlich wurde vor Ergehen des BilMoG die lineare AfA als Standardabschreibungsverfahren zwingend in der Steuerbilanz bei Wahl einer steuerlich nicht zulässigen Abschreibungsmethode in der Handelsbilanz zugrunde gelegt, z. B. bei progressiver Abschreibung.[15] Auch diese Bindungswirkung ist m. E. seit dem BilM...

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