Kommentar

Nach der nationalen Auffassung werden Sportvereine gegenüber ihren Mitgliedern insoweit nicht als Unternehmer tätig, wie sie Mitgliederbeiträge vereinnahmen.[1] Diese – auf veralteter Rechtsprechung des BFH basierende – Rechtsauffassung geht davon aus, dass die Mitgliedsbeiträge keine Gegenleistung für eine vom Verein konkret ausgeführte Leistung darstellen. Aus diesem Grund werden nach Auffassung der Finanzverwaltung die Mitgliederbeiträge nicht steuerbar vom Verein vereinnahmt.

Wichtig

Diese Rechtsauffassung ist spätestens seit einem Urteil des EuGH[2] aus dem Jahr 2002 überholt. Die Finanzverwaltung kann diese Sichtweise aber solange nicht aufgeben, bis im UStG die Steuerbefreiungen für Einrichtungen, die kein Gewinnstreben haben und Leistungen im Rahmen von Sport und Körperertüchtigung anbieten[3], entsprechend dem Unionsrecht aufgenommen worden sind.

Unternehmer (Vereine) können sich aber auf die Rechtsprechung des EuGH[4] berufen und insoweit die Mitgliedsbeiträge als steuerbare Einnahmen im Rahmen des Unternehmens erfassen.

Die Finanzverwaltung weist in diesem Zusammenhang jetzt darauf hin, dass in diesen Fällen die Steuerbefreiungen des nationalen Rechts – hier insbesondere § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG – zur Anwendung kommen. Danach sind u. a. Leistungen gemeinnütziger Vereinigungen steuerfrei, wenn es sich um sportliche Veranstaltungen handelt, soweit sie gegen Teilnehmergebühren ausgeführt werden.

Wichtig

Die Finanzverwaltung weist in diesem Zusammenhang auf die von ihr im UStAE[5] vertretene Auffassung hin, dass eine über eine reine Benutzung der Sportanlagen hinausgehende Nutzung (z. B. im Rahmen des Trainingsbetriebs oder bei Wettkämpfen mit anderen Vereinen) einer Teilnahme an einer sportlichen Veranstaltung gleich kommt und es sich bei den insoweit entrichteten Mitgliederbeiträgen um Teilnehmergebühren i. S. d. nationalen Befreiungsvorschrift handelt.

Soweit Vereine sich bezüglich der Steuerbarkeit der Mitgliederbeiträge auf das Unionsrecht berufen, bedeutet dies nicht automatisch auch, dass die weiteren nationalen Vorschriften – wie eben § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG nicht mehr zur Anwendung kommen können. Die danach steuerfreien Mitgliederbeiträge schließen dann in systematischer Konsequenz den Vorsteuerabzug für damit im Zusammenhang stehende Eingangsleistungen aus.[6] Etwas anderes würde sich auch nicht aus dem Unionsrecht ergeben.

Konsequenzen für die Praxis

Ein weiteres Folgeproblem aus den seit nunmehr mehr als 15 Jahren nicht konsequent umgesetzten Vorgaben des Unionsrechts. Solange die Steuerbefreiungsnormen – insbesondere aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL – nicht in das deutsche UStG übernommen worden sind, können auch die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebenden Rechtsfolgen zur Behandlung der Mitgliedsbeiträge nicht von der Finanzverwaltung offiziell angewendet werden.

Wichtig

Der BFH[7] hat jetzt den EuGH angerufen, um klären zu lassen, ob sich Unternehmer unmittelbar auf die Steuerbefreiungsnorm des Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL berufen können. Die Vorlagefrage ist insbesondere für Leistungen von Bedeutung, bei denen gemeinnützige Einrichtungen gegen Sonderentgelt Leistungen im Bereich Sport und Körperertüchtigung ausführen.

 

Link zur Verwaltungsanweisung

BMF, Schreiben v. 4.2.2019, III C 3 – S 7180/17/10001, BStBl 2019 I S. 115.

[2] EuGH, Urteil v. 21.3.2002, C-174/00 (Kennemer Golf & Country-Club), BFH/NV-Beilage 2002 S. 95.
[4] EuGH, Urteil v. 21.3.2002, C-174/00 (Kennemer Golf & Country-Club), BFH/NV-Beilage 2002 S. 95.
[7] BFH, Beschluss v. 21.6.2018, V R 20/17, BStBl 2018 II S. 558 – beim EuGH anhängig unter C-488/18 (Golfclub Schloss Igling e. V.).

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