Laut BMF ist eine von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Gewinnausschüttung (sog. inkongruente Gewinnausschüttung) grundsätzlich steuerlich anzuerkennen, wenn diese zivilrechtlich wirksam ist. Bei einer GmbH als ausschüttende Gesellschaft ist dies der Fall, wenn im Gesellschaftsvertrag gem. § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG ein anderer Verteilungsmaßstab als das Beteiligungsverhältnis festgesetzt ist oder die Satzung eine Klausel enthält, nach der alljährlich mit Zustimmung der beeinträchtigen Gesellschafter oder einstimmig über eine abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann und der Beschluss mit der in der Satzung bestimmten Mehrheit gefasst worden ist. Wenn die Gewinnverteilungsabrede nur kurzzeitig oder wiederholt geändert wird, gilt dies laut Verwaltung als Indiz für eine unangemessene Gestaltung (BMF, Schreiben v. 17.12.2013, BStBl 2014 I S. 63).

Der BFH hat in seinem Urteil v. 28.9.2022 (VIII R 20/20, BFH/NV 2023 S. 196) entschieden, dass ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss über eine inkongruente Vorabausschüttung, der von der Gesellschafterversammlung einstimmig gefasst worden ist und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann, als zivilrechtlich wirksamer Ausschüttungsbeschluss der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Der Gesellschafter, an den nach einem solchen Beschluss kein Gewinn verteilt wird, verwirkliche dann auch nicht den Tatbestand der Einkünfteerzielung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG.

 
Hinweis

Die Finanzverwaltung bewertete dagegen die inkongruenten Vorabgewinnausschüttungsbeschlüsse als satzungsdurchbrechende Beschlüsse mit Dauerwirkung und mangels Einhaltung der Voraussetzungen für solche Beschlüsse (insbesondere notarielle Beurkundung und Eintragung des Beschlusses im Handelsregister) als nichtig. Daher rechnete das Finanzamt dem Gesellschafter, dem keine Gewinnausschüttung zugeflossen war, eine vGA nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG und wegen Vorliegens eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO die (im konkreten Fall hälftigen) Gewinnanteile nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu. Dem widersprach der BFH, der im konkreten Fall weder eine vGA noch einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO sah.

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