Zur Erfüllung der Anforderungen aus StaRUG benötigt man dabei Kennzahlen für die Messung des „"Grads der Bestandsgefährdung".[1] Diese sind notwendig, um anzuzeigen, ob der Schwellenwert für die Initiierung "geeigneter Gegenmaßnahmen" (§ 1 StaRUG) zur Krisenprävention überschritten ist.

Den "Grad der Bestandsgefährdung" kann man durch zwei Kennzahlen messen:

  1. die Insolvenzwahrscheinlichkeit (p1) und/oder
  2. Gefährdungswahrscheinlichkeit, d. h. die „Wahrscheinlichkeit einer bestandsgefährdenden Entwicklung“ (p2).[2]

Empfehlenswert ist die Verwendung beider Kennzahlen. Die Wahrscheinlichkeit einer bestandsgefährdenden Entwicklung ist immer höher als die Insolvenzwahrscheinlichkeit.

Die Gefährdungswahrscheinlichkeit lässt sich nur durch die Risikoaggregation bestimmen. Dabei wird in jedem Simulationslauf der Risikoaggregation geprüft, ob mindestens ein Indikator für eine Bestandsgefährdung, wie die Verletzung von Anforderungen aus Covenants oder Rating, auftritt.

Die Insolvenzwahrscheinlichkeit lässt sich auch aus der Risikoaggregation und/oder vereinfachend einem Finanzstärkerating, also basierend auf Finanzkennzahlen wie Eigenkapitalquote oder Gesamtkapitalrendite, ableiten. Eine einfache Abschätzung der Insolvenzwahrscheinlichkeit p liefert z. B. die Formel 1 des sog. „Mini-Ratings“[3] (berechenbar unter: http://strategienavigator.net/minirating):[4]

Formel 1: Insolvenzwahrscheinlichkeit (p)

mit EKQ als Eigenkapitalquote und ROCE als Gesamtkapitalrendite (e ist die Eulersche Zahl; e ="" 2,718...).[5]

Die Berechnung der Insolvenzwahrscheinlichkeit (p) für ein Unternehmen mit Formel 1 ist ganz einfach, wie nachfolgendes Beispiel zeigt.

 
Praxis-Beispiel

Ermittlung der Insolvenzwahrscheinlichkeit

Die Stettener Handels GmbH hat bei einem Umsatz von 100 Millionen Euro ein Betriebsergebnis (EBIT) von 5 Millionen. Die Bilanzsumme beträgt 50 Millionen, wovon 40 Millionen als betriebsnotwendig eingeschätzt werden (Capital Employed). Zur Risikodeckung stehen 10 Millionen Eigenkapital zur Verfügung. Mit diesen Informationen lassen sich die Kennzahlen des Finanzratings leicht berechnen:

Formel 2: Eigenkapitalquote (EKQ)

Formel 3: Gesamtkapitalrendite (Return on Capital Employed, ROCE)

Damit ergibt sich für die Insolvenzwahrscheinlichkeit p:

Formel 4: Insolvenzwahrscheinlichkeit (p)

Die Insolvenzwahrscheinlichkeit beträgt für die eingegebenen Daten und damit für einen "planmäßigen" Verlauf der Unternehmenszukunft 3,3 %. Eine kritische Insolvenzgefährdung, und notwendige Maßnahmen der Krisenprävention sind bei diesem Gefährdungsgrad nicht erforderlich.

[1] In enger Anlehnung an Gleißner (2021b).
[2] Siehe dazu Gleißner (2018b).
[3] Vgl. auch Ohlson (1980).
[4] Weitere nützliche Online-Tools finden Sie unter: http://strategienavigator.net/web-tools.
[5] Vgl. Gleißner (2017b).

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