Das mit dem StaRUG verfolgte Ziel ist es, Krisen möglichst früh zu erkennen und so den Geschäftsleitungsorganen die Möglichkeit zu geben, rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung und Bewältigung existenzgefährdender Entwicklungen einzuleiten und umzusetzen. Mit neuen Regelungen zum sog. Restrukturierungsplan sollen zudem mehr Möglichkeiten für Unternehmen in einer Krise geschaffen werden, diese ohne eine Insolvenz zu bewältigen.

Das StaRUG ist nicht nur relevant für Unternehmen in der Krise, sondern für alle Unternehmen, weil es auch Anforderungen an die Krisenfrüherkennung und damit das Risikomanagement formuliert. Verletzungen dieser Pflichten implizieren Haftungsrisiken für Vorstände bzw. Geschäftsführer (vgl. z. B. § 43 Abs. 1, 2 GmbHG oder § 93 Abs. 1, 2 AktG). Wichtig ist insbesondere § 1 StaRUG:

„§ 1 Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement bei haftungsbeschränkten Unternehmensträgern

(1) Die Mitglieder des zur Geschäftsführung berufenen Organs einer juristischen Person (Geschäftsleiter) wachen fortlaufend über Entwicklungen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können. Erkennen sie solche Entwicklungen, ergreifen sie geeignete Gegenmaßnahmen und erstatten den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen (Überwachungsorganen) unverzüglich Bericht. …“

Der erste Satz entspricht weitgehend den Anforderungen des KonTraG (§ 91 AktG), demzufolge Systeme zur Früherkennung von "bestandsgefährdenden Entwicklungen" einzurichten sind. Schon aus den Erläuterungen zum KonTraG ist bekannt und in den diversen Standards festgehalten, dass die Krisenfrüherkennung ein Risikofrüherkennungssystem erfordert (siehe z. B. IDW PS 340 n. F. (2020) und DIIR RS Nr. 2)[1], das durch Risikoanalysen aufzeigt, welcher "Grad der Bestandsgefährdung" sich aus den bestehenden Risiken und dem Risikodeckungspotenzial ergibt. Bekanntlich sind "bestandsgefährdende Entwicklungen" meist das Ergebnis der Kombinationseffekte mehrerer Einzelrisiken, was eine Risikoaggregation (Monte-Carlo-Simulation) erforderlich macht. Bestandsgefährdungen ergeben sich aus einer Gefahr der Illiquidität.

In Abgrenzung zur Insolvenz ist von einer den Fortbestand gefährdenden Entwicklung bereits dann auszugehen, wenn die Geschäftsleiter nicht mehr alleine – d. h. z. B. ohne Zustimmung von Gläubigern oder Eigentümern – in der Lage sind, eine Insolvenz abzuwenden (sie also z. B. auf eine Reduzierung von Krediten oder eine Eigenkapitalerhöhung angewiesen sind).

Bestandsgefährdende Entwicklungen durch (drohende) Illiquidität sind in der Regel das Resultat

• der Verletzung von Mindestanforderungen an das Rating oder • der Verletzung von Kreditvereinbarungen (Covenants), die zu Kreditkündigungen führen können.

Entsprechend sind die Implikationen von Risiken auf das Rating und Covenants zu analysieren (vgl. Abschnitt 3).

StaRUG geht über bisherige gesetzliche Anforderungen hinaus. Die Geschäftsleiter werden nun mit § 1 StaRUG verpflichtet "geeignete Gegenmaßnahmen" zu ergreifen, wenn eine schwere, also bestandsgefährdende, Krise droht. Es wird also eine Planung von Gegenmaßnahmen und eine „unternehmerische Entscheidung“ zu Krisenbewältigungsmaßnahmen gefordert.[2]

[1] Gleißner/Kimpel (2019).
[2] Vgl. RMA (2019) und Gleißner (2021a).

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