Rz. 62

Die Bewertungswahlrechte gem. § 11 Abs. 2 UmwStG und § 13 Abs. 2 UmwStG, die eine steuerneutrale Verschmelzung ermöglichen, sind somit nur dann entsprechend anwendbar, wenn es sich bei dem übertragenden Vermögensteil um einen Teilbetrieb handelt. Dabei muss auf jede aufnehmende Gesellschaft mindestens ein Teilbetrieb übertragen werden. Zur Erfüllung der Teilbetriebsvoraussetzung reicht es nicht aus, wenn ein Teilbetrieb auf mehrere übernehmende Gesellschaften aufgeteilt wird.[1] Unproblematisch für die Erfüllung der Teilbetriebsvoraussetzung ist dagegen die Übertragung von mehreren Teilbetrieben auf eine übernehmende Gesellschaft.

 

Rz. 63

Für den Fall einer Abspaltung bzw. Teilübertragung fordert § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG außerdem, dass auch bei der übertragenden Kapitalgesellschaft ein Teilbetrieb oder mehrere Teilbetriebe verbleiben (sog. doppeltes Teilbetriebserfordernis).[2]

 

Rz. 64

Die Verwendung der Mehrzahl betreffend den/die übernehmenden Rechtsträger(n) (Übernehmerinnen) in Satz 2 könnte so interpretiert werden, dass die Einschränkung des § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nicht für den Fall der Übertragung auf lediglich einen übernehmenden Rechtsträger gilt, was nicht i. S. d. Gesetzgebers und daher nach h. M. als Fehlformulierung einzustufen ist.[3]

 

Rz. 65

Die Teilbetriebsvoraussetzung ist auch erfüllt, wenn Mitunternehmeranteile oder 100 %ige Anteile an Kapitalgesellschaften übertragen werden bzw. das verbleibende Vermögen konstituieren (Teilbetriebsfiktion).

 

Rz. 66

Begriff (echter) Teilbetrieb

Unter einem Teilbetrieb[4] ist national nach ständiger Rechtsprechung des BFH ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter Teil des Gesamtbetriebs zu verstehen, der für sich allein funktions- bzw. lebensfähig ist.[5]

Wesentliche Kriterien bzw. Indizien für das Vorliegen eines Teilbetriebs sind:[6]

  • ein eigener Kundenkreis und eigene Einkaufsbeziehungen;
  • Örtliche Trennung der Teilbetriebe;
  • Verwendung eigener Betriebsmittel;
  • Verwendung eigenen Personals;
  • gesonderte Buchführung oder wenigstens Kostenrechnungen.

     
    Praxis-Beispiel

    Anwendbarkeit der §§ 11–13 UmwStG bei Abspaltung auf andere Körperschaften zur Neugründung[7]

    An der HSU-GmbH, die ein Stammkapital von 50.000 EUR hat, sind die natürlichen Personen D (60 %) und S (40 %) beteiligt. Die Aktiva der HSU-GmbH umfassen u. a. ein Grundstück mit einem gemeinen Wert von 200.000 EUR. Der gemeine Wert der HSU-GmbH umfasst insgesamt 500.000 EUR. Entsprechend der Anteilsaufteilung entfallen davon 300.000 EUR (60 %) auf D und 200.000 EUR (40 %) auf S. Durch Abspaltung zur Neugründung soll das Grundstück nun auf die Lorelei-GmbH, die ein Stammkapital von 25.000 EUR hat, übertragen werden. Die im Gegenzug für die Übertragung durch die Lorelei-GmbH gewährten Anteile soll ausschließlich S erhalten. Entsprechend wird das Stammkapital der HSU-GmbH von 50.000 EUR auf 30.000 EUR herabgesetzt. Die Anteilsaufteilung vor und nach Abspaltung gestaltet sich entsprechend dem Sachverhalt wie folgt:

    Abb. 7: Anteilsaufteilung

    Da das Ansatzwahlrecht des § 11 Abs. 2 UmwStG sowie das des § 13 Abs. 2 UmwStG im Falle einer Spaltung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nur greifen, sofern ein Teilbetrieb übertragen wird und im Falle einer Abspaltung bei der übertragenden Körperschaft zudem ein Teilbetrieb verbleibt, ist zunächst zu prüfen, ob diese Voraussetzung erfüllt ist. Eine Erfüllung der Teilbetriebsvoraussetzung scheidet hier zunächst schon deshalb aus, da kein mit gewisser Selbstständigkeit ausgestatteter organisatorischer Teil des Gesamtbetriebs vorliegt. In Konsequenz dessen ist die Übertragung als Sachausschüttung an S i. H. d. gemeinen Wertes des Grundstücks und anschließende Einlage eben dieses Grundstücks in die Lorelei-GmbH zu betrachten.

 

Rz. 67

In der praktischen Umsetzung bzw. Feststellung eines Teilbetriebs ist die Zuordnung von wesentlichen Betriebsgrundlagen teilweise problematisch.[8] Es empfiehlt sich zur Vermeidung von Unsicherheiten eine Abstimmung mit der Finanzverwaltung in Form einer verbindlichen Auskunft.[9] Kann eine wesentliche Betriebsgrundlage nicht eindeutig zu einem Teilbetrieb zugeordnet werden, liegt ein Spaltungshindernis bzw. ein spaltungshinderndes Wirtschaftsgut vor.[10]

 

Rz. 68

Hinsichtlich der Zuordnung von Wirtschaftsgütern verlangt die Finanzverwaltung mit 15.02 und 15.07 UmwStE zudem – anders als bislang (Zuordnung zu beliebig verschiedenen Teilbetrieben) – die Beachtung der wirtschaftlichen Zusammenhänge. Abweichungen will die Finanzverwaltung gemäß 15.09 UmwStE nur gestatten, wenn eine Zuordnung nach wirtschaftlichen Zusammenhängen nicht vorliegt bzw. nicht vorgenommen werden kann.

Demnach soll ein sog. Ausschließlichkeitsgebot gelten, d. h. es dürfen weder beim übertragenem Teilbetrieb noch ggf. bei einem verbleibenden Teilbetrieb nicht zuordnungsfähige neutrale Wirtschaftsgüter verbleiben. In diesem Zusammenhang wird von einem sog. "Nur-Teilbetrieb" gesprochen.[11] Nach dieser Auffassung soll es z. B. schädlich sein, wenn bei ...

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