Leitsatz

Werden Zinseinnahmen zunächst nach dem regulären Einkommensteuertarif besteuert, löst eine spätere Anwendung des gesonderten Tarifs gemäß § 32d Abs. 1 EStG eine Herabsetzung der als Zuschlag zur tariflichen Einkommensteuer festgesetzten Kirchensteuer aus. Die hiermit verbundene Minderung des Sonderausgabenabzugs für gezahlte Kirchensteuer nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG ist in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem die insoweit geänderte Einkommen- und Kirchensteuerfestsetzung wirksam wird.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Nr. 4, § 32a, § 32d Abs. 1 Sätze 3 bis 5, § 51a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 2d Satz 1 EStG

 

Sachverhalt

Die zusammen veranlagten Kläger sind kirchensteuerpflichtig. Im Streitjahr 2015 minderte das FA den Sonderausgabenabzug für die im Streitjahr gezahlte KiSt um erstattete Kirchensteuern. Die Erstattung der Kirchensteuern hatte ihren Grund darin, dass die Klägerin in den Jahren 2009 bis 2012 Zinsen, die sie für ein Darlehen erhalten hatte, das sie einer vom Kläger beherrschten GmbH gewährt hatte, zunächst mit dem regulären ESt-Tarif versteuern musste. Erst 2015 wurden die Zinsen auf Betreiben der Kläger mit dem gesonderten ESt-Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG versteuert. Das FA behandelte die Herabsetzungen der regulär-tariflichen KiSt als den Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG mindernde Kirchensteuererstattungen. Soweit die KiSt auf die dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG unterworfenen Kapitalerträge entfiel, wandte das FA das Abzugsverbot des § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG an.

Die Kläger wollten nur die KiSt-Erstattungen berücksichtigt wissen, die ihnen im Streitjahr zugeflossen waren.

Das FG gab der Klage statt (FG Düsseldorf, Urteil vom 5.6.2019, 2 K 1544/17 E, Haufe-Index 13492521, EFG 2019, 1757). Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung von § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG. Die Rechtsauffassung des FG führe zu einer Doppelbegünstigung der Kläger. Die KiSt wirke sich zwei Mal steuerentlastend aus, einmal durch den ursprünglich gewährten Sonderausgabenabzug infolge der regulär-tariflichen Besteuerung der Kapitalerträge, andererseits – nach Anwendung des gesonderten Tarifs – durch eine Minderung des Steuersatzes gemäß § 32d Abs. 1 Sätze 3 und 4 EStG. Dies widerspreche dem mit § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG verfolgten Zweck.

 

Entscheidung

Die Revision des FA war begründet und führte zur Klageabweisung.

 

Hinweis

Es ist nicht immer so einfach, die korrekten Beträge der KiSt zu berechnen, die als Sonderausgaben abgezogen werden können. Dies gilt insbesondere dann, wenn Erstattungen der Vorjahre zu berücksichtigen sind und ein Teil der Einkünfte der Abgeltungsteuer unterliegt.

1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist die im jeweiligen VZ gezahlte Kirchensteuer bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgabe abzugsfähig. Im Hinblick darauf, dass nur die "gezahlte" KiSt zu berücksichtigen ist und der Sonderausgabenabzug nach Maßgabe des Einleitungssatzes des § 10 Abs. 1 EStG das Vorliegen von Aufwendungen voraussetzt, sind im VZ zugeflossene Steuererstattungen abzugsmindernd zu erfassen. Hierbei gilt auch die Umbuchung überzahlter Kirchensteuer auf eine andere Steuerart als Erstattung.

2. Ein Sonderausgabenabzug ist indes gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG ausgeschlossen, soweit die KiSt entweder als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG ermittelte ESt gezahlt wurde. Dieses Sonderausgabenabzugsverbot beruht auf der Erwägung, dass der Sonderausgabenabzug der KiSt im Anwendungsbereich des gesonderten Besteuerungstarifs für bestimmte Kapitalerträge (§ 32d Abs. 1 EStG) durch eine Ermäßigung des besonderen Einkommensteuersatzes ersetzt wird (vgl. § 32d Abs. 1 Sätze 3 bis 5 EStG). Dies gilt sowohl, wenn die KiSt nach § 51a Abs. 2b bis 2e EStG als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer erhoben wird, als auch seit 2011 dann, wenn die KiSt als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif ermittelte (veranlagte) ESt festgesetzt und erhoben wird. Ein zusätzlicher Sonderausgabenabzug hätte eine nicht gewollte Doppelbegünstigung zur Folge.

3. Bei einem Wechsel des Besteuerungsregimes für Kapitalerträge vom regulären Einkommensteuertarif (§ 32a EStG) zum gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG kommt es zwangsläufig zu einer Herabsetzung der Kirchensteuer, die nach § 51a Abs. 1 EStG als Zuschlag zur regulär-tariflichen ESt festgesetzt und erhoben wird. Grund hierfür ist, dass die ESt, die gemäß § 51a Abs. 2 Satz 1 EStG Bemessungsgrundlage für die KiSt ist, nunmehr ohne Einbeziehung der nach dem gesonderten Tarif zu besteuernden Kapitalerträge zu ermitteln ist (§ 51a Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 2 Abs. 5b EStG). Demzufolge fällt der Teil der KiSt, für den das Sonderausgabenabzugsverbot des § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG nicht gilt, geringer aus als beim bisherigen – im Rahmen der regulär-tariflichen Besteuerung maßgeblichen – Sonderausgabenabzug. Dies führt im Jahr des Wechsels des Besteuerungstarifs zu...

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