Wie oben dargestellt sind nach § 255 Abs. 1 HGB alle unmittelbar durch die Anschaffung verursachten Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft als Teil der Anschaffungskosten zu aktivieren. Zur Herstellung der Betriebsbereitschaft können z. B. folgende Aufwendungen anfallen:

  • Aufwendungen für das Customizing, um die Software an die betrieblichen Prozesse des erwerbenden Unternehmens anzupassen und deren Betriebsbereitschaft herzustellen, wie z. B. Beratungshonorare/interne Aufwendungen (gem. Zeitaufschreibung bewertet mit einem Kostensatz) für die Ableitung von Customizing-Einstellungen aus fachlichen Anforderungen/Vorgaben sowie die Vornahme von Systemeinstellungen und Programmtests.
  • Aufwendungen für die Einbettung der Software in die IT-Infrastruktur des Unternehmens und für die Anpassung bestehender Funktionen der Software an betriebliche Anforderungen (auch mittels Programmierung) wie z. B. Beraterhonorare/interne Aufwendungen (gem. Zeitaufschreibung bewertet mit einem Kostensatz) für die Programmierung und Einrichtung von Schnittstellen, die Installation von Software auf Computern betroffener Mitarbeiter.

Der Funktionsumfang der Software im originären Zustand wird durch Aktivitäten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft nicht erweitert. Das Herstellerrisiko für die Funktionsfähigkeit der Software trägt i. d. R. weiterhin der Softwarehersteller. Durch das Customizing wird lediglich die Betriebsbereitschaft der erworbenen Funktionalität hergestellt. Die Software ist als entgeltlich erworbene Software zu aktivieren und die internen und externen Aufwendungen für das Customizing sind Anschaffungsnebenkosten.

Abgrenzungsprobleme ergeben sich insbesondere zwischen unmittelbar (d. h. der Herstellung der Betriebsbereitschaft dienenden) und mittelbar durch die Anschaffung verursachten Ausgaben. Letztere dienen nicht direkt der Herstellung der Betriebsbereitschaft der Software, sondern z. B. der Anpassung betrieblicher Prozesse und Abläufe. Nur mittelbar durch die Anschaffung verursachte und damit nicht in die Anschaffungskosten einzubeziehende Ausgaben sind in Tab. 1 genannt.

 
Praxis-Beispiel

Beschaffung und Implementierung einer ERP-Software

Zur Auswahl eines passenden ERP-Systems hat Herr Huber die Auswahl-AG beauftragt die Geschäftsprozesse seines Unternehmens zu analysieren und die sich daraus ergebenden Anforderungen mit den am Markt verfügbaren ERP-Softwaresystemen abzugleichen.

Nach einer Abschlusspräsentation Ende Mai 01 trifft Herr Huber mit seinem internen Projektteam im Juni 01 die Entscheidung für die Anschaffung und Implementierung einer bestimmten ERP-Software. Die Auswahl-AG stellt Ende Mai 01 eine Rechnung über 40.000 EUR (netto).

Herr Huber erwirbt zum 1.7.01 für 50.000 EUR (netto) die zeitlich unbeschränkte Lizenz für den aktuellen Versionsstand einer ERP-Software. Für die Implementierung der Software beauftragte er die Implementierungs-AG auf Basis eines Dienstvertrags. Diese soll die betriebsspezifischen Anforderungen soweit wie möglich ohne Programmierung, nur im Zuge des vorzunehmenden Customizing umsetzen. Lediglich für die Programmierung von Schnittstellen fallen insgesamt 30.000 EUR (netto) an. Auf die Datenmigration im Dezember 01 entfallen 20.000 EUR (netto).

Der Go-Live-Termin der Software ist am 1.1.02 vorgesehen. Die Implementierungs-AG (Kred.-Nr. 556677) stellt ab dem 1.7.01 bis zum Jahresende jeweils 60.000 EUR (netto) zum Monatsende in Rechnung, jeweils mit Fälligkeit am 10. des Folgemonats.

Das interne Projektteam unterstützt die Implementierungs-AG mit Prozessanalysen, Prozessanpassungen und durch die Entwicklung fachlicher Vorgaben. Hierfür sind anteilige Personalaufwendungen i. H. v. 20.000 EUR angefallen, die durch Zeitaufschreibung ermittelt wurden. Hinzu kommen Reisekosten der internen Teams von 5.000 EUR und anteilige Raumkosten von 3.000 EUR. Die direkte Ableitung von Customizing-Vorgaben sowie die Vornahme der Einstellungen am System werden von der Implementierungs-AG durchgeführt.

Lösungsvorschlag:

Herr Huber verrechnet die Aufwendungen für die Auswahl-AG als Rechts- und Beratungskosten der Periode, denn die Aktivitäten liegen zeitlich vor der Kaufentscheidung und dienen der Entscheidungsvorbereitung.

Buchungsvorschlag Auswahlkosten:

 
Konto SKR 03/04 Soll Kontenbezeichnung Betrag Konto SKR 03/04 Haben Kontenbezeichnung Betrag
4950/6825 Rechts- und Beratungskosten 40.000      
1576/1406 Abziehbare Vorsteuer 19 % 7.600 1200/1800 Bank 47.600

Den Kaufpreis für die Lizenzen i. H. v. 50.000 EUR (netto) aktiviert Herr Huber.

Buchungsvorschlag für die Aktivierung der Lizenzkosten:

 
Konto SKR 03/04 Soll Kontenbezeichnung Betrag Konto SKR 03/04 Haben Kontenbezeichnung Betrag
0027/0135 EDV-Software 50.000      
1576/1406 Abziehbare Vorsteuer 19 % 9.500 1200/1800 Bank 59.500

Die Aktivitäten der Implementierungs-AG dienen der Herstellung der Betriebsbereitschaft. Die Programmierungen der Schnittstellen verbinden die ERP-Software mit der übrigen Unternehmens-IT. Daher aktiviert Herr H...

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