"The medium is the message" (Herbert Marshall McLuhan)

Natürlich hat sich das Social-Media-Phänomen inzwischen zu einem Feld mit Business-Gewicht entwickelt. Wohl nicht viele Controller haben dies aber begleitet. Folglich besteht nun die Gefahr einer rein inkrementellen Einordnung: Die IT wird ein paar zusätzliche Server haben wollen, Marketing macht noch mehr Kampagnen, dafür haben wir jetzt auch einen Webshop als weiteren Sales-Kanal und die Talente können sich gleich kostengünstig online bewerben. Mit den Servern werden wir dann aber sicher das Big-Data-Thema regeln können.

So könnte man meinen, dass mit bestenfalls einigen weiteren Tabellenspalten und Planungsmasken der Anpassung genüge getan sei. Dieser Beitrag möchte Sie vom Gegenteil überzeugen.

Kondratjew-Zyklen: Theorie zur zyklischen Wirtschaftsentwicklung

Beginnen wir mit dem Begriff des Mediums. Wir müssen verstehen, dass Massenmedien nicht nur einen primären Leistungsnutzen haben. Die Eisenbahn verkürzte nicht nur Reisezeiten, sondern förderte die Entstehung großer Agglomerationen und leitete damit den zweiten Kondratjew-Zyklus der wirtschaftlichen Entwicklung ein. Später erlaubte das Auto dem Einzelnen, bequem herumzufahren, die einsetzende Massenindividualisierung machte dann aber nicht nur Kutscher arbeitslos, sondern veränderte Volkswirtschaften von Grund auf.

Big Data: Informationsflut im Internet

Derzeit erleben wir den Übergang von der durch Informationstechnologie geprägten Phase in eine nächste Epoche, deren Charakteristika sich bereits abzeichnen: Denn so berauschend die durch IT generierten "Big Data" auch sein mögen, jeder einzelne Akteur ist von dieser Informationsflut überfordert: Das Vertrauen auf die Einschätzung Dritter kann dies mildern. Neue innovative Dialogkonzepte etablieren ein neues Medium.

Durch das Social Web entsteht ein Meinungs- und Dialograum, der eine neuartige Qualität schafft. Plötzlich rücken Fragen, Antworten und Akteure auf "Zero Distance" zusammen. Klassische Sender- und Empfängerrollen werden obsolet und vermischen sich. Einzelne und Organisationen müssen lernen, damit umzugehen.

Strukturell ähnelt diese Phase deutlich mehr dem Eisenbahn-Zyklus, in dem dieses neue Medium die notwendige Reisezeit für Begegnungen und Austausch verkürzte und damit die individuelle Reichweite erhöhte, als dass es sich nur um eine eher funktionelle Fortentwicklung der IT-Landschaft handelt.

So wird der sechste Kondratjew-Zyklus hier (wie schon bei Grothe/Weber 2013) als Epoche der breiten öffentlichen, digitalen Kommunikation vieler Einzelner interpretiert, die durch eine immer engere Vernetzung der immer größer werdenden Nutzerschaften getragen wird: Die Erweiterung des Internets um Dialogfunktionen und die weitgreifende Digitalisierung implizieren als Medienentwicklung große Umbrüche.

Zweite Entwicklungsstufe des Internets

Beleuchten wir die derzeitige Übergangsphase. Wir erleben seit einigen Jahren die Fortentwicklung des Internets in einer zweiten Entwicklungsstufe: Das Social Web ist heute gewichtige Alltagsinfrastruktur in der Dialogwelt einer neuen Generation von Menschen und Unternehmen.

Wir befinden uns in einer Zeit, in der die öffentliche kommunikative Vernetzung zwischen Akteuren untereinander und zwischen ihnen und Unternehmen von viel stärkerer Bedeutung und Sichtbarkeit ist, als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Medium des kommunizierenden Unternehmens

Das Erfolgsgeheimnis dieses Phänomens liegt darin, dass viele der unter dem Social-Media-Label zusammengefassten Plattformen und Netzwerke sowie die oftmals weniger spektakulären, aber nicht minder bedeutsamen Foren, nicht nur mit den Kommunikationsformen einiger experimentierfreudiger Pioniere, sondern auch denen breiter Gesellschaftsgruppen kompatibel sind.

Cluetrain-Manifest: Märkte sind Gespräche

Durch diesen evolutionären Lock-in konnte die Entwicklung ohne Bruch und mit direkter Resonanz von ersten Gehversuchen mit leicht konspirativen Blogs, handgedrehten Videos, ersten Fanpages und Twitter-Accounts zur banalen Alltagskommunikation ablaufen. Die erste und gewichtigste These (von insgesamt 95) des Cluetrain Manifests von 1999[1] hat ihren Raum gefunden: "Märkte sind Gespräche".

Hierbei ist inzwischen anzuerkennen, dass die Social-Media-Kanäle nicht mehr nur von jungen Nutzern bevölkert werden. Die "Digital Natives" sind nur ein Teil der Nutzerschaft. Deutschland ist insgesamt "on": Das Web ist da.

Ein nicht unbeträchtlicher Teil dieser Nutzer kann sich vorstellen, eigene Beiträge, Fragen, Antworten und Kommentare einzubringen. Damit sind die Beiträge im Netz breit verankert: Das Web ist "social".

Mit dieser Verankerung ist das Netz alltäglicher Begleiter für so gut wie alle möglichen Fragen großer und kleiner Bevölkerungsgruppen geworden: Das Web ist wichtig.

Netzwerke bilden die neuen Kontinente und führen Menschen irrelevanter Herkunft in einem digitalen Raum zusammen: Das Web ist global.

Es ist festzustellen, dass sich die öffentliche digitale Kommunikation in historisch ...

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