Zusammenfassung

  • Simulationen helfen, Abhängigkeiten bei Situations- und/oder Handlungsänderungen transparent zu machen.
  • Kern ist dabei das Verständnis der Wirkungsbeziehungen im Modellierungsbereich, deren Quantifizierung häufig große Probleme bereiten.
  • Predictive Analytics kann helfen, Wirkungen zu quantifizieren. Allerdings gibt es Kompatibilitätsprobleme zwischen Predictive Analytics und den Simulationsmodellen im Controlling.
  • Es sind Infrastrukturentscheidungen zu treffen. Tabellenkalkulationen und konventionelle Planungslösungen kommen häufig an Grenzen.
  • In diesem Beitrag sollen die Anforderungen an eine Simulation aus Sicht eines Controllers konkretisiert und verfügbare Werkzeuge dahingehend überprüft werden, ob die Anforderungen abgedeckt werden können. Zudem werden die Möglichkeiten zur Verbesserung der Simulation durch Predictive Analytics näher beleuchtet.

1 Simulationen müssen der Situation angemessen gestaltet werden

In einer Einleitung zu einem Operation-Research-Buch von 1970 heißt es "Wenn man nicht mehr weiter kann, fängt man zu simulieren an".[1] Ob dies nun gute Poesie ist, sei dahingestellt. Die wissenschaftliche Haltung in den Wirtschaftswissenschaften in dieser Zeit war allerdings eindeutig: Optimieren ist besser als simulieren.

Fast 50 Jahre später ist man sich jedoch einig, dass Optimierung nur bei sehr einfachen Bedingungen möglich und auch nur bei relativ konstanten Rahmenbedingungen sinnvoll ist. Unternehmensführung ist mehr als eine große Optimierungsrechnung. Gutes Management lässt sich auch eher als "Ausbalancieren" unterschiedlicher Interessen beschreiben. Daher überrascht es nicht, dass die Simulation in der Praxis zumindest im Controlling deutlich beliebter als die Optimierungsrechnung ist. Mit ihr lassen sich komplexe Szenarien mit vielen Abhängigkeiten, Veränderungen und Wirkungen auf Zielgrößen besser abschätzen.

Der Controller als Lotse der Unternehmensführung kann von der Simulation in vieler Hinsicht profitieren. Zielkonflikte, Limitationen und sonstige Widersprüche können aufgedeckt, kritische Situationen frühzeitig erkannt und Maßnahmen entwickelt werden. Gleichzeitig kann sich auch das Bewusstsein über die Stärke von Wirkungsbeziehungen verbessern.

Gegenüber anderen Bereichen wie Risikomanagement oder Strategieentwicklung liegt der Controller laut einer Studie aus dem Jahr 2012 zwar noch etwas zurück, aber im Funktionsranking mit 3,82 von 5 Punkten recht weit vorne.

Somit geht es nicht um die Frage, ob simuliert wird, sondern ob

  • der jeweiligen Situation angemessen simuliert wird und
  • die eingesetzten Werkzeuge hierzu adäquat sind.

Die Diskussion um die richtige Methode und Unterstützung ist notwendig. Schließlich sind zahlreiche Methoden und Werkzeuge zum Teil als Open Source und zum Teil kostenpflichtig verfügbar. Die Gefahr ist groß, mit ungeeigneten Werkzeugen in eine Komplexitätsfalle zu geraten oder beim Aufbau eines Modells zu grob vereinfachen zu müssen.

In diesem Beitrag sollen die Anforderungen an eine Simulation aus Sicht eines Controllers konkretisiert und verfügbare Werkzeuge dahingehend überprüft werden, ob die Anforderungen abgedeckt werden können.

Zudem werden die Möglichkeiten zur Verbesserung der Simulation durch Predictive Analytics näher beleuchtet. Die Betrachtung dieses Einflusses ist ein relativ neues Gebiet. Allerdings ist ein hohes Potenzial hinsichtlich der Gestaltung realitätsnaher Simulationssysteme zu erwarten.

[1] Vgl. Stahlknecht, 1970, S. 1.

2 Grundlagen der Simulation

2.1 Ein einfacher Start in die Simulation

Üblicher Startpunkt zur Simulation ist wie so häufig im Controller-Leben die Tabellenkalkulation. Ein einfaches Modell in Excel ist leicht erstellt: Eine Deckungsbeitragsrechnung wird aufgebaut, evtl. mit der Unternehmenssicht verknüpft und schon kann simuliert werden, indem an einzelnen Parametern wie den variablen Kosten gedreht wird und anschließend die Ergebnisse betrachtet werden. Dies wird üblicherweise als "What-If"-Simulation bezeichnet. Einfache Fragestellungen, wie bspw. was mit dem Deckungsbeitrag in Folge von Preisanstieg, Inflationssteigerung und Kostensenkung passiert, können beantwortet werden.

Es ist unmittelbar einleuchtend, dass mit dieser Abbildung des Unternehmensausschnitts in einem Modell auch viel von den Eigenschaften der Realität verloren geht:

  • Was ist bspw. mit Kapazitätsbeschränkungen?
  • Wirkt ein Preisanstieg nachfragedämpfend?
  • Wirkt eine Erfahrungskurve auf den Deckungsbeitrag?

Das Thema Simulation ist somit deutlich vielschichtiger, als es auf den ersten Blick erscheint. Es sind daher verschiedene Aspekte zu berücksichtigen.

2.2 Komplexitätstreiber in der Simulation

Es treten zeitliche Abhängigkeiten auf. Parameterveränderungen haben Auswirkungen auf Folgezeitpunkte und -perioden. Alleine durch die Bilanzidentität ergibt sich die Notwendigkeit, Periodenscheiben zu verbinden, so dass Entscheidungen einer Periode immer Auswirkungen auf die Folgeperioden haben. Losgelöst von der Periodensicht können kausale Beziehungen mit Verzögerung einsetzen. So reagiert ein unzufriedener Kunde nicht sofort, sondern unter Umständen erst beim nächsten notwendigen Kauf oder sein kommunizierter Unmut verleitet zu einem spä...

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