Leitsatz

Ein Künstler erbringt mit seiner Tätigkeit als Zauberer und auf dem Gebiet der Ballonmodellage eine nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG mit einer begünstigten Theatervorführung vergleichbare Darbietung. Dies setzt voraus, dass der Künstler seine eigenen Programme erstellt und aufführt, deren verschiedene gestalterische Elemente die individuelle Persönlichkeit des Künstlers ausdrücken.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist als selbständiger Zauberkünstler für betriebliche und private Feierlichkeiten in den Räumen der Auftraggeber tätig. Angeboten wurde neben der klassischen Bühnenzauberei die sogenannte "Close-up"-Zauberei, die klassische "Manipulation" sowie das Fertigen von Ballonskulpturen, untermalt durch selbstverfasste Gedichte für Kinder und Erwachsene. Nach Auffassung des Finanzamts steht Zauberkünstlern der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG nicht zu (Abschn. 12.5 Abs. 1 Satz 6 UStAE).

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG unterliegen die Darbietungen des Klägers auf dem Gebiet der Zauberei und der Ballonmodellage dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ermäßigt sich der Steuersatz auf 7 % für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie für die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler. Insoweit sind grundsätzlich die Bestimmungen eng auszulegen. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbietet die Ungleichbehandlung gleichartiger und miteinander in Wettbewerb stehender Leistungen. Der nationale Gesetzgeber hat daher auch nicht die Freiheit, den Kreis derer, deren Leistungen dem ermäßigten Satz unterliegen, willkürlich zu beschränken (BFH, Urteil v. 18.8.2005, V R 50/04, BStBl. 2006 II S. 101). Infolgedessen sind bei der Auslegung des nationalen Begriffs "den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbare Darbietungen" diejenigen Leistungen einheitlich zu behandeln, die aufgrund ihrer Gleichartigkeit in einem Wettbewerb stehen.

Der Begriff des ausübenden Künstlers ist steuerrechtlich nicht definiert. Eine Tätigkeit ist als künstlerisch anzusehen, wenn diese nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eigenschöpferisch ist und über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine "bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe" erreicht. Es darf sich hierbei nicht primär nur um eine Mitteilung, sondern es muss sich um den Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers handeln.

Vorliegend erbringt der Kläger eigenschöpferische Leistungen, indem er seine eigenen Programme erstellt und aufführt, die verschiedene gestalterische Elemente enthalten, die die individuelle Persönlichkeit des Klägers und seine persönlichen Erfahrungen ausdrücken. Neben der von ihm jahrzehntelang ausgeübten Zaubertechnik erreicht sein Programm auch eine "bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe", indem er Gedichte selbst verfasst, veröffentlicht und auswendig lernt, um damit seine Zauberkunst zu begleiten. Hierdurch hebt er sich von den übrigen selbständigen Zauberkünstlern ab.

Begünstigt nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG sind neben den Aufführungen von Theaterstücken, Opern und Operetten auch Darbietungen der Pantomime und Tanzkunst, Kleinkunst, Varietés und Puppenspiele (BFH, Urteil v. 25.2.2015, XI R 35/12, BStBl 2015 II S. 677). Daher sind Zauberkünstler als theaterähnliche Leistung einzustufen, wenn sie mit den begünstigten Aufführungen einer Kleinkunstbühne oder eines Varietétheaters vergleichbar sind.

Maßgebend für die Vergleichbarkeit mit den oben genannten begünstigten Darbietungen ist allein der Inhalt der jeweiligen Vorführung und nicht der Ort (Schauspielhaus, Konzerthalle usw.) oder die sachlichen Voraussetzungen eines Theaters (z. B. Ensemble und Spielplan, vgl. Hessisches FG, Urteil v. 8.7.2009, 6 K 3559/08). Deswegen ist es vorliegend für sich auch nicht schädlich, wenn die mit Theatervorführungen vergleichbaren Darbietungen ausschließlich bei privaten und betrieblichen Feiern (z. B. Geburtstag, Firmenevent oder Hochzeiten) erfolgen.

Die Darbietung des Klägers ist eine Mischform aus dichterischem Sprechvortrag, Kunstdarbietung (Zauberkunststücke, Ballonmodellagen) sowie schauspielerischen Darbietungen mit Theaterelementen (Beleuchtung und Bühnenbild). Offensichtlich gehe es dem Kläger um die Verbindung der Elemente Zauberei, Sprache und Schauspiel, sodass sie ein untrennbares Ganzes ergeben und sich gegenseitig optimal ergänzen.

Künstler, die für einen Veranstalter (hier für Familien- oder Firmenfeiern) tätig sind, dürfen umsatzsteuerlich nicht anders behandelt werden als ausübende Künstler, die ihre Leistungen unmittelbar an die Besucher erbringen. Entsprechend wurde auch § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG mit Wirkung zum 16.12.2004 neu gefasst. Aufgrund des oben genannten Neutralitätsgebots ist es vorliegend auch nicht schädlich, dass die Darbietungen des Klägers nicht den eigentlichen Zweck der Veranstaltungen (Familien- und Firmenfeiern) ausmachen.

 

Hinweis

Das FG-Urteil ist zu begrüßen. Jedo...

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