4.1 Ableitung der berichtspflichtigen Segmente

4.1.1 Segmentberichterstattung nach IFRS 8

 

Rz. 41

IFRS 8 verfolgt eine weitgehend konsequente Ausrichtung am management approach.[1] Als operating segment[2] wird – ausgehend von der internen Organisationsstruktur – ein Unternehmens- bzw. Konzernbestandteil verstanden,

  • der Geschäftstätigkeiten betreibt, mit denen Umsatzerlöse erwirtschaftet werden und bei denen Aufwendungen anfallen können (einschließlich Umsatzerlöse und Aufwendungen im Zusammenhang mit Geschäftsvorfällen mit anderen Unternehmens- bzw. Konzernbestandteilen desselben Unternehmens bzw. Konzerns),
  • dessen operative Ergebnisse regelmäßig von dem bzw. den obersten Entscheidungsträgern überwacht und im Hinblick auf die Allokation von Ressourcen und zur Bewertung der Ertragskraft verwendet werden und
  • für den gesonderte Finanzberichtsinformationen verfügbar sind.[3]

Der Begriff der "obersten Entscheidungsträger" wird in IFRS 8.7 erläutert. Der Begriff ist funktional zu verstehen und bezeichnet entweder eine einzelne Person oder aber auch eine Gruppe von Personen, welche die Aufgaben der Ressourcenallokation an die Segmente und der Überwachung der Ertragskraft der Segmente wahrnehmen[4]. Der Kreis der "obersten Entscheidungsträger" ist vor dem Hintergrund der rechtlichen Rahmenbedingungen und ergänzender interner Geschäftsverteilungsregelungen abzugrenzen. Bei deutschen Aktiengesellschaften handelt es sich aufgrund des Prinzips der Gesamtverantwortung des Vorstands für Unternehmensplanung, -koordination und -kontrolle zwingend um den Vorstand als Gesamtorgan.[5]

Ausgeschlossen von der Definition der operativen Segmente sind Zentralverwaltungseinheiten gemäß IFRS 8.6. Demgegenüber ist keine Bedingung, dass die operativen Segmente Umsätze überwiegend an Konzernfremde erbringen. Zudem können auch Aktivitäten, die aktuell noch keine Umsätze erzielen (start-up activities), als operating segments gemäß IFRS 8.5 geführt werden.[6]

Ansonsten macht IFRS 8 keine Vorgabe, nach welchen Kriterien Segmente abgegrenzt werden, und folgt somit einer strikten Auslegung des management approach. So ist beispielsweise auch eine Segmentierung nach rechtlichen Einheiten oder Marktsektoren (z. B. Kundengruppen) möglich, wenn die interne Finanzberichterstattung auf diesen Kriterien basiert.[7] Ebenfalls kann auch ein aufgegebener Geschäftsbereich i. S. d. IFRS 5 die Voraussetzungen für ein operating segment erfüllen, sofern die Kriterien des IFRS 8.5 vorliegen.[8]

 

Rz. 42

Im Falle mehrerer implementierter Berichtsstrukturen für die zentralen Entscheidungsträger sind nach IFRS 8.8 zusätzliche Kriterien für eine eindeutige Segmentabgrenzung zu verwenden. Hierzu zählen die Wesensart der Geschäftstätigkeiten der einzelnen Teileinheiten, die Existenz klar abgegrenzter Verantwortungsbereiche sowie die zentrale Berichtsstruktur an die oberste Führungsebene.

Bei einer unternehmensintern angewandten parallelen Segmentierung nach unterschiedlichen Segmentierungskriterien ist zunächst auf die Segmentierung abzustellen, die ausschlaggebend für die Verantwortlichkeit gegenüber der Unternehmens- bzw. Konzernleitung ist. Bestehen mehrere Segmentierungsdimensionen und entsprechend den Segmentierungsdimensionen auch kongruent Verantwortlichkeiten (Matrixorganisation), dann entscheidet gemäß IFRS 8.10 das Management über die Segmentierungsdimension unter Berücksichtigung des Kerngrundsatzes ("core principle") des IFRS 8.1. Dieser fordert die Angabe von Informationen im Abschluss, mittels derer die Adressaten die Art und die finanziellen Effekte der Geschäftsaktivitäten und der wirtschaftlichen Umfeldbedingungen beurteilen können. Letztlich dürfte damit die Entscheidungsrelevanz das bestimmende Merkmal zur Selektion von Segmentierungsdimensionen sein.[9] Durch diese Festlegung weicht IFRS 8 in dieser Hinsicht vom theoretisch sauberen management approach ab, da in diesem speziellen Fall Finanzinformationen in der Matrixstruktur den Abschlussadressaten vorenthalten werden.

 

Rz. 43

IFRS 8 unterscheidet zwischen den operativen und den berichtspflichtigen Segmenten (reportable segments). Die Verdichtung von operativen Segmenten auf berichtspflichtige Segmente basiert auf dem Grundsatz der Wesentlichkeit[10]; die Aggregation soll insbesondere vermeiden, dass der Nutzen der Segmentberichterstattung durch Detailinformationen über viele kleine Segmente möglicherweise verschleiert wird.[11]

Dementsprechend enthält IFRS 8.12 Aggregationskriterien, die auf die in der 1. Stufe identifizierten operativen Segmente angewendet werden müssen. Eine Zusammenfassung von 2 oder mehr operativen Segmenten zu einem berichtspflichtigen Segment ist danach möglich, sofern die zusammengefassten (operativen) Segmente ähnliche wirtschaftliche Charakteristika aufweisen und diese Zusammenfassung mit dem in IFRS 8.1 verankerten Kerngrundsatz[12] (Gewährung entscheidungsrelevanter Informationen über die Art und die finanziellen Daten der wirtschaftlichen Geschäftsaktivitäten) vereinbar ist. Die wirtschaftlich ähnlichen Charakteristika der Segmente, welche für die Zusammenfassung h...

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