Rz. 38

Da segmentbezogene Informationen Daten sind, welche unter wettbewerblichen Gesichtspunkten gerade Konkurrenten interessante Aufschlüsse geben,[1] bestehen bei segmentbezogenen Informationen auch Schutzklauseln. Allgemein muss bei der Anwendung von Schutzklauseln stets zwischen den berechtigten Informationsinteressen der Abschlussadressaten und den schutzwürdigen Interessen des offenlegenden Unternehmens bzw. Konzerns abgewogen werden.

 

Rz. 39

Für die Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen sowie nach geografisch bestimmten Märkten gemäß § 285 Nr. 4 HGB besteht gemäß § 286 Abs. 2 HGB folgende Schutzklausel: (Große[2]) Kapitalgesellschaften dürfen die Aufgliederung der Umsatzerlöse unterlassen, wenn die Aufgliederung nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Kapitalgesellschaft einen erheblichen Nachteil zuzufügen.[3] Darüber hinaus ist die Anwendung der Ausnahmeregelung im Anhang anzugeben.[4]

Weiterhin ist auch die Schutzklausel nach § 286 Abs. 1 HGB zu beachten, die grundsätzlich sämtliche Anhangangaben im Jahresabschluss umfasst.

Im Gegensatz dazu existiert keine vergleichbare Schutzklausel für die Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen sowie nach geografisch bestimmten Märkten nach § 314 Abs. 1 Nr. 3 HGB im Konzernabschluss. Der Grund kann darin gesehen werden, dass die Aufteilung solcher über den Konzern hinweg aggregierter Daten nur einen begrenzten Rückschluss auf einzelne Unternehmen erlaubt[5] und daher das Informationsinteresse der Abschlussadressaten höher gewichtet wird.

 

Rz. 40

Aufgrund der dominierenden Informationsfunktion des IFRS-Abschlusses für die Abschlussadressaten haben Schutzklauseln, welche die Veröffentlichung für das Unternehmen bzw. den Konzern nachteiliger Informationen vermeiden (sollen), praktisch keine wesentliche Bedeutung. Die IFRS-Rechnungslegung kennt derzeit nur eine explizite und eine implizite (jeweils spezifische) Schutzklausel, die beide im Unternehmensinteresse liegen[6] und sich beide nicht auf den Geltungsbereich der Segmentberichterstattung erstrecken.[7]

Auch wenn die Frage des öffentlichen Geheimhaltungsinteresses im IFRS-Regelungswerk keine Rolle spielt, könnte beispielsweise ein für die Bundesrepublik Deutschland tätiges Rüstungsunternehmen durch die §§ 93 ff. StGB angehalten sein, zur Vermeidung von Landesverrat die durch einen Segmentbericht geforderten Detailangaben zum Produktionsprogramm zu unterlassen. Bei einem derartigen Konflikt von Normen dürfte das nationale Recht vorrangig sein. Die nach IFRS erforderlichen Angaben sind dann auf den Umfang zu begrenzen, der nicht gegen die öffentlichen Geheimhaltungsinteressen verstößt, und die nach IAS 1.16 verlangte Compliance-Erklärung ist entsprechend einzuschränken.[8]

[1] Vgl. Rz. 3.
[2] Vgl. Rz. 28.
[3] Vgl. § 286 Abs. 2 1. Halbsatz HGB sowie zu den Voraussetzungen im Einzelnen Krawitz, in Kirsch, Handbuch Rechnungslegung, § 286 HGB Rz. 33 ff., Stand: 3/2017.
[5] Vgl. in diesem Zusammenhang auch Nobes/Parker, Comparative International Accounting, 13. Aufl. 2016, S. 496 hinsichtlich deren Kritik an zu umfassenden Segmenten, welche den Aussagegehalt der Segmentberichterstattung konterkarieren.
[8] Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS Kommentar, 20. Aufl. 2022, § 5 Rz. 80; Haller, in Baetge/Wollmert/Kirsch/Oser/Bischof, Rechnungslegung nach IFRS, Rz. 31, Stand: 11/2020.

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