Rz. 187

Wie in Rz. 17 und 30 erwähnt, regelt seit dem 1.1.2002 der zu diesem Zeitpunkt an den bisherigen § 9 UStG angefügte Abs. 3 die Frist, bis zu der bei der Lieferung von Grundstücken im Rahmen der Zwangsversteigerung vom Vollstreckungsschuldner von § 9 Abs. 1 UStG Gebrauch gemacht werden kann.

 

Rz. 188

Die Bundesregierung hat die Notwendigkeit dieser Vorschrift wie folgt begründet[1]:

Zitat

Bei der Durchführung des Abzugsverfahrens in den Fällen der Lieferung von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren[2] sind in der Praxis häufig Schwierigkeiten aufgetreten. Bislang kann die Option zur Umsatzsteuerpflicht bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung erfolgen.[3]  Die fehlende zeitliche Anknüpfung an den Zuschlag führte dazu, dass eine nachträgliche Option beim Meistgebot nicht berücksichtigt werden konnte. Dies kann für den Ersteher zu unerwarteten finanziellen Mehrbelastungen führen. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist es deshalb erforderlich, die Optionsmöglichkeit zeitlich so zu begrenzen, dass eine etwaige Belastung mit USt bereits bei der Abgabe von Geboten feststeht. Dies wird durch die Ergänzung der Vorschrift erreicht.

Der Bundestags-Finanzausschuss hat an der Formulierung des Regierungsentwurfs nichts verändert.

 

Rz. 189

Weil ab dem 1.1.2002 in den Fällen der steuerpflichtigen Lieferung von Grundstücken im Rahmen der Zwangsversteigerung die Steuerschuld für diese Lieferung gem. § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG auf den Ersteher übergeht[4], ist der Hinweis auf das USt-Abzugsverfahren in der Regierungsbegründung nur vergangenheitsbezogen, denn dieses Verfahren wurde ab dem 1.1.2002 durch die Verlagerung der Steuerschuld gem. § 13b UStG ersetzt.

 

Rz. 190

Der Vollstreckungsschuldner muss zur Befolgung von § 9 Abs. 3 S. 1 UStG dem Vollstreckungsgericht nur mitteilen, dass er auf die Steuerbefreiung verzichten werde, sofern die Voraussetzungen dafür beim Ersteigerer erfüllt sind. Da dieser dann zum Steuerschuldner wird, braucht sich der Vollstreckungsschuldner um die weitere Abwicklung nicht zu kümmern. Eine bestimmte Form ist für die Mitteilung an das Vollstreckungsgericht nicht vorgeschrieben.

 

Rz. 191

Der Ersteigerer wird, da in den Fällen des § 13b UStG nach § 14a Abs. 4 UStG i. d. F. ab dem 1.1.2002 der offene Ausweis von USt in einer Rechnung untersagt ist, mit Rücksicht auf seine Steuerschuld immer nur ein Netto-Gebot abgeben; er wird sich auf den steuerpflichtigen Erwerb allerdings nur einlassen, wenn er selbst zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Dies ist zwar nicht Voraussetzung des § 9 UStG beim Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 UStG, aber die wirtschaftlichen Überlegungen werden den Ersteher zu dieser Entscheidung führen.

 

Rz. 192

Beim Vollstreckungsschuldner kann sich der Verzicht auf die Steuerbefreiung empfehlen zur Vermeidung von Vorsteuerberichtigungen gem. § 15a UStG, die durch eine steuerfreie Grundstückslieferung ausgelöst werden können.

 

Rz. 193

Der BFH hat es in dem Urteil v. 21.3.2002[5] ausdrücklich dahinstehen lassen, ob für den neuen § 9 Abs. 3 UStG ein wirklicher Bedarf besteht, denn nach seiner Auffassung ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung der Grundstückslieferung im Zwangsversteigerungsverfahren ohnehin nach dem Verteilungstermin nicht mehr zulässig. Dann steht nämlich fest, was zu verteilen ist; für spätere Veränderungen durch eine Option gem. § 9 UStG durch den Vollstreckungsschuldner bleibt kein Raum. Der von § 9 Abs. 3 UStG gewählte Zeitpunkt des Versteigerungstermins liegt zwar früher als der vom BFH für maßgeblich gehaltene Verteilungstermin; das vom Gesetzgeber gesehene Problem wird aber auch noch vermieden bei der vom BFH schon für die Zeit vor dem 1.1.2002 gefundenen Lösung.

[1] BT-Drs. 14/6877, Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 2001.
[4] Es handelt sich dabei um Vorgänge, die unter das GrEStG fallen, vgl. Abschn. 13b.1 Abs. 2 UStAE.

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