Rz. 165

Mit der Neufassung des § 9 Abs. 2 UStG durch das StMBG zum 1.1.1994 (Rz. 14) lebt die a. F. des § 9 Abs. 2 UStG zwar noch indirekt über die in Rz. 157ff. dargestellte Übergangsregelung in § 27 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG weiter fort; sie ist aber zugleich von dem neuen Wortlaut des § 9 Abs. 1 UStG mitumfasst, denn ab dem 1.1.1994 ist danach der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei der Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG, bei der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken gem. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG und bei den in § 4 Nr. 12 Buchst. b und c UStG genannten Grundstücksüberlassungen und Nutzungsrechtseinräumungen nur noch zulässig, "soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen".

Der verzichtende Unternehmer muss das Vorliegen dieser Voraussetzungen (beim Leistungsempfänger) nachweisen (Rz. 174).

 

Rz. 166

Damit hat der Gesetzgeber die Möglichkeit zur Option – durchaus systemgerecht (Rz. 126) – auf die Fälle beschränkt, in denen die Überwälzung der durch den Verzicht herbeigeführten Steuer wegen des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers stets möglich ist, denn nur bei Vorliegen der Vorsteuerabzugsberechtigung beim Leistungsempfänger ist eine durchgehende Vorsteuerentlastung, die mit dem Verzicht gem. § 9 UStG erreicht werden kann, geboten. Allerdings ist die tatsächliche Überwälzung kein Tatbestandsmerkmal der Norm. Das Gesetz überlässt es weiterhin den Beteiligten, ihre zivilrechtlichen Abmachungen autonom zu gestalten. Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch des Leistungsempfängers gegen den leistenden Unternehmer auf Anwendung des § 9 UStG. Das kann nur vertraglich vereinbart werden, ggf. auch vorsorglich, s. Rz. 132c.

 

Rz. 167

An der Berechtigung zum Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers fehlt es in den Fällen, in denen dieser selbst nicht unternehmerisch tätig ist – dieser Fall wird bereits von § 9 Abs. 1 UStG erfasst; dies ist also nicht von § 9 Abs. 2 UStG gemeint.

Vielmehr sollen die Fälle getroffen werden, bei denen mittels des Grundstücks steuerfreie Umsätze erzielt werden, für die der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.

 

Rz. 168

Die Regierungsbegründung zum StMBG[1] lautete wie folgt:

Zitat

Zu Nr. 10 (§ 9 Abs. 2 UStG)

Bereits durch das 2. Haushaltsstrukturgesetz v. 22. Dezember 1981[2] und das Steuerbereinigungsgesetz 1985 v. 14. Dezember 1984[3] wurde der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei der Vermietung von Grundstücken zu Wohnzwecken oder anderen nichtunternehmerischen Zwecken ausgeschlossen. Das war erforderlich, um insbesondere für Bauleistungen den Vorsteuerabzug bei der auf der Endstufe steuerfreien Vermietung von Wohnungen und anderen nichtunternehmerisch genutzten Grundstücken durch die Einschaltung gewerblicher Zwischenmieter zu verhindern.

Zwischenzeitlich sind weitere Gestaltungsformen zur Erlangung des Vorsteuerabzugs bekannt geworden, bei denen auf der Endstufe wegen Ausführung steuerfreier Umsätze der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Es handelt sich insbesondere um sog. Vorschaltmodelle zur Grundstücksvermietung an Banken und Sparkassen, Ärzte sowie Träger von privaten Schulen, Bildungseinrichtungen, Krankenhäusern, Altenheimen und Kindergärten. In diesen Fällen werden Unternehmen gegründet, die ein Gebäude errichten und an die bezeichneten Einrichtungen vermieten. Zur Erlangung des Vorsteuerabzugs wird auf die Steuerbefreiung der Vermietung verzichtet.

Zur Vermeidung von erheblichen Steuerausfällen und zur Gleichstellung aller Unternehmer, die wegen der Erzielung steuerfreier Umsätze vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind, wird der Verzicht auf die Steuerbefreiung insbesondere bei der Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten und bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken grundsätzlich auf die Fälle beschränkt, in denen der Leistungsempfänger das Grundstück oder Grundstücksteile ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Art. 13 Teil C der 6. EG-Richtlinie läßt eine solche Einschränkung zu.

 

Rz. 169

Es ist zwar nicht zu verkennen, dass das Abstellen des Gesetzes auf die Verhältnisse des Leistungsempfängers für den Leistenden oft in der praktischen Handhabung der Vorschrift nicht einfach sein wird.[4] Durch die entsprechenden zivilrechtlichen Vereinbarungen, insbesondere in den Mietverträgen, kann aber sichergestellt werden, dass z. B. der Mieter dem Vermieter das Ausmaß seiner vorsteuerabzugsschädlichen Umsätze, die mittels des angemieteten Grundstücks erzielt werden, regelmäßig mitteilt. Hierzu genügt die prozentuale Angabe dieses Ausmaßes; Geschäftsgeheimnisse bezüglich des Umsatzes o. Ä. brauchen also nicht offengelegt zu werden. Damit kann der Leistende den Umfang seiner Anwendung des § 9 UStG im Voraus bestimmen oder ggf. nachträglich korrigieren.[5]

 

Rz. 170

Nach Abschn. 9.2 UStAE[6] fallen unter den Begriff des Grundstücks im Einzelfall nicht nur das gesamte Grundstü...

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