Rz. 116

Die in § 9 UStG aufgeführten Steuerbefreiungen gem. § 4 UStG stellen eine abschließende Aufzählung dar, die nicht erweitert werden kann, selbst wenn dies im Einzelfall in der Unternehmerkette (wegen des Vorsteuerabzugs) zu einem für die am Leistungsaustausch Beteiligten günstigeren Ergebnis führen könnte als die gesetzliche Steuerbefreiung gem. § 4 UStG. So kann z. B. ein selbstständiger Arzt, der bei einem in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer als Werksarzt tätig wird, seine diesbezüglichen Honorare nicht der USt unterwerfen, um teilweise in den Genuss des Vorsteuerabzugs zu kommen.

3.1 Umsätze im Geld- und Kapitalverkehr (§ 4 Nr. 8 Buchst. a–g UStG)

 

Rz. 117

a) Die Möglichkeit, die gem. § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG (und in der Zeit v. 1.1.1993 bis Ende 1999 gem. § 4 Nr. 8 Buchst. k UStG, Rz. 16) steuerfreien Umsätze im Geld- und Kapitalverkehr als steuerpflichtig zu behandeln, geht zurück auf die bereits in § 9 UStG 1967 vorgesehene Optionsmöglichkeit für die steuerfreien Umsätze gem. § 4 Nr. 8 UStG 1967.

 

Rz. 118

Die Optionsmöglichkeit für die gem. § 4 Nr. 8 UStG 1967 steuerfreien Umsätze war im Regierungsentwurf des UStG 1967[1] noch nicht enthalten. Sie ist erst im Laufe der parlamentarischen Beratungen eingefügt worden.[2] Dabei hatte der Gesetzgeber die Vorstellung, dass eine Optionsmöglichkeit weniger für die Kreditinstitute von Interesse sei, deren Umsätze überwiegend unter § 4 Nr. 8 UStG fallen. Vielmehr sollte die Optionsmöglichkeit die übrigen Unternehmer begünstigen; sie sollten nicht gezwungen sein, die arbeitsaufwendige Aufteilung der Vorsteuern vorzunehmen, die wegen des Ausschlusses des Vorsteuerabzugs gem. § 15 Abs. 2 UStG bei Ausführung steuerfreier Umsätze gem. § 4 Nr. 8 UStG neben Umsätzen, für die der Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossen ist, nötig wird. Die Unternehmer außerhalb der Kreditwirtschaft erbringen neben ihren Umsätzen mit Vorsteuerabzugsberechtigung vielfach Umsätze, die unter § 4 Nr. 8 UStG fallen. So gewähren z. B. Brauereien häufig Darlehen für die Einrichtung einer Gaststätte, die dann das Bier der Brauerei beziehen muss. Aber auch der Verkauf von Wechseln zur Diskontierung und die Kreditgewährung im Kontokorrentverkehr fallen unter § 4 Nr. 8 UStG. Selbst bei der Berechnung von Stundungszinsen oder Zielzinsen kann die Steuerfreiheit gem. § 4 Nr. 8 UStG in Anspruch genommen werden.[3]

 

Rz. 119

Der Unternehmer kann durch die Einzeloption und die Regelung in § 43 UStDV seine Option gem. § 9 UStG auf die gem. § 4 Nr. 8 UStG steuerfreien Umsätze beschränken, die er an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer bewirkt. Er kann insbesondere seine gem. § 4 Nr. 8 UStG steuerfreien Umsätze gegenüber Kreditinstituten (z. B. Hingabe von Wechseln, Geschäftseinlagen, Eintausch von Devisen) ohne große Vorsteuereinbußen steuerfrei belassen.

Für die Umsätze gem. § 4 Nr. 8 UStG, auf deren Steuerfreiheit er verzichtet, ist der volle Vorsteuerabzug ohnehin gem. § 15 UStG möglich. Durch die Erleichterungen gem. § 43 UStDV bleibt dem Unternehmer aber für die Umsätze, die er steuerfrei belässt, der Vorsteuerabzug erhalten mit Ausnahme der Beträge, die diesen Umsätzen ausschließlich zuzurechnen sind.

 

Rz. 120

Die Kreditinstitute können für ihre gem. § 4 Nr. 8 UStG steuerfreien Umsätze selbstverständlich ebenso wie andere Unternehmer von § 9 UStG Gebrauch machen. Dadurch können die Kreditinstitute den Anteil ihrer abzugsfähigen Vorsteuern erhöhen.[4] Es hat den Anschein, dass, nicht zuletzt angesichts des inzwischen 19 % betragenden Regelsteuersatzes, die Vorsteuervorteile aus der Einzeloption den mit der Vorsteueraufteilung für die Kreditinstitute verbundenen Verwaltungsaufwand übersteigen. Nur so ist nämlich zu erklären, dass Kreditinstitute offenkundig zunehmend von § 9 UStG Gebrauch machen. Bei welchen Umsätzen sich dies lohnt, müssen die Kreditinstitute individuell ermitteln.

 

Rz. 121

Da die in § 43 Abs. 1 UStDV zugelassene Erleichterung der Vorsteueraufteilung gem. § 43 Abs. 2 Nr. 3 UStDV bei der Lieferung von gesetzlichen Zahlungsmitteln und im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen sowie bei Einlagen bei Kreditinstituten nur in Anspruch genommen werden kann, wenn diese Umsätze als Hilfsumsätze anzusehen sind, kommt bezüglich dieser Umsätze bei Banken § 43 Abs. 1 UStDV regelmäßig nicht in Betracht, denn bei ihnen werden diese Umsätze nicht als Hilfsumsätze erbracht.[5]

 

Rz. 122

Zur durchgängigen Ermöglichung der Vorsteuerentlastung im unternehmerischen Bereich hatte es der Gesetzgeber zu Recht für erforderlich gehalten, bei Schaffung der Steuerbefreiung für Goldumsätze gem. § 4 Nr. 8 Buchst. k UStG zum 1.1.1993 (Rz. 13) die Optionsmöglichkeit zuzulassen. Nach Aufhebung des § 4 Nr. 8 Buchst. k UStG zum 31.12.1999 und der entsprechenden Änderung des § 9 UStG gibt der ab 1.1.2000 geltende § 25c Abs. 3 UStG weiterhin eine entsprechende Verzichtsmöglichkeit für steuerfreie Umsätze mit Anlagegold.[6]

[1] BT-Drs. IV/1590.
[2] Vgl. Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags – zu BT-Drs. V/1581.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge