Rz. 147

Befördert oder versendet der Unternehmer den Gegenstand unmittelbar an den Abnehmer in einen anderen EU-Mitgliedstaat, liegt eine innergemeinschaftliche Lieferung i. S. v. § 6a Abs. 1 UStG vor. Aus Gründen der Vereinfachung kann auch in diesen Fällen ein innergemeinschaftliches Verbringen i. S. v. § 3 Abs. 1a UStG angenommen werden, wenn Abgangs- und Bestimmungsstaat mit dieser Behandlung einverstanden sind. Die Regelung betrifft inländische Unternehmer, die Gegenstände im Ausland unter den Lieferbedingungen versteuert liefern. Diese Unternehmer konnten den Ort der Lieferung in das Land verlagern, in dem der inländische Unternehmer die Einfuhrumsatzsteuer schuldete (§ 8 Abs. 8 UStG a. F.). Diese nach Art. 32 Unterabs. 2 MwStSystRL zugelassene Verlagerung des Umsatzes ist ab 1.1.1993 nunmehr bei Ausfuhren in ein Drittland möglich.[1] Da die der Praxis entgegenkommende Regelung ohne ersichtlichen Grund auf den Drittlandsverkehr beschränkt wurde, haben sich die EU-Mitgliedstaaten auf eine Beibehaltung dieser Regelung im innergemeinschaftlichen Verkehr unter bestimmten Voraussetzungen verständigt.

 

Rz. 148

Die in Abschn. 1a.2 Abs. 14 UStAE enthaltene Regelung für den innergemeinschaftlichen Erwerb wurde zur Vermeidung des Risikos des Steuerausfalls gestrichen.[2] In allen offenen Fällen von vor dem 1.1.2019 ausgeführten Lieferungen wird nicht beanstandet, wenn der leistende Unternehmer nach der bisherigen Regelung verfährt und folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Die Lieferungen werden regelmäßig an eine größere Zahl von Abnehmern im Bestimmungsland ausgeführt.
  • Bei entsprechenden Lieferungen aus dem Drittlandsgebiet wären die Voraussetzungen für eine Verlagerung des Orts der Lieferung in das Unionsgebiet nach § 3 Abs. 8 UStG erfüllt.
  • Der liefernde Unternehmer behandelt die Lieferung im Bestimmungsland als steuerbar. Er wird bei einem FA des Bestimmungsmitgliedstaats für Umsatzsteuerzwecke geführt.
  • Der liefernde Unternehmer gibt in den Rechnungen seine USt-IdNr. des Bestimmungsmitgliedstaats an. Für den Abnehmer dient die Angabe der USt-IdNr. der Sicherung seines Vorsteuerabzugs, insbes. für den Fall, dass der Unternehmer die Erwerbsbesteuerung nicht vorgenommen hat.
  • Die beteiligten Steuerbehörden im Ausgangs- und im Bestimmungsmitgliedstaat sind mit dieser Behandlung einverstanden.
 
Praxis-Beispiel

Der niederländische Großhändler N in Venlo beliefert im grenznahen deutschen Raum eine Vielzahl von Kleinabnehmern (z. B. Imbissbuden, Gaststätten und Kasinos) mit Pommes frites. N verpackt und portioniert die Waren bereits in Venlo nach den Bestellungen der Abnehmer und liefert sie an diese mit eigenem LKW aus.

N kann die Gesamtsendung als innergemeinschaftliches Verbringen (innergemeinschaftlicher Erwerb nach § 1a Abs. 2 UStG) behandeln und alle Lieferungen als Inlandslieferungen bei dem zuständigen inländischen FA versteuern, sofern er in den Rechnungen seine deutsche USt-IdNr. angibt und seine örtlich zuständige niederländische Steuerbehörde diesem Verfahren zustimmt.

[2] BMF v. 23.4.2018, III C 3-S 7103-a/17/10001-2018/0248550, BStBl I 2018, 638.

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