Rz. 35

Anstelle der steuerfreien Ausfuhrlieferung von Gegenständen der Ausfuhr[1] tritt im kommerziellen Unionsverkehr die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung.[2] Daneben wird das unternehmensinterne Verbringen in das übrige Gemeinschaftsgebiet wie eine innergemeinschaftliche Lieferung behandelt (§ 6a Abs. 2 UStG; Rz. 119ff.). Um die Erfassung innergemeinschaftlicher Warenbewegungen umsatzsteuerrechtlich zu sichern, wird die Steuerbefreiung nur gewährt, wenn die Lieferung in dem anderen EU-Mitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung unterliegt (Rz. 111ff.) der Abnehmer gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige USt-IdNr. verwendet (Rz. 114ff.) und der Lieferer eine fristgerechte, richtige und vollständige Zusammenfassende Meldung abgegeben hat (§ 4 Nr. 1 Buchst. b UStG; Rz. 356ff.). Neben den Lieferungen an regelbesteuernde Abnehmer unterliegen im Versandhandel auch die an nichtunternehmerische juristische Personen, Kleinunternehmer, pauschalierende Unternehmer und Unternehmer mit ausschließlich steuerfreien Umsätzen dem Umsatzsteuerausgleich (Rz. 102ff.).

 

Rz. 36

Eine innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 UStG unter folgenden Voraussetzungen vor:

  1. Es handelt sich um die Lieferung eines Gegenstands.
  2. Der Gegenstand gelangt im Rahmen einer Lieferung an den Abnehmer.
  3. Die Lieferung wird durch einen Unternehmer ausgeführt.
  4. Der Liefergegenstand wird in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet.
  5. Der Abnehmer ist

    • ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat, oder eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die entweder nicht Unternehmer ist oder die Unternehmer ist, aber den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
    • bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber.
  6. Der Erwerb des Gegenstands unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Erwerbsbesteuerung.
  7. Der Abnehmer gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilt gültige USt-IdNr. verwendet.

Die Einstufung einer innergemeinschaftlichen Lieferung hat anhand objektiver Kriterien wie dem Vorliegen einer physischen Bewegung der betreffenden Gegenstände zwischen Mitgliedstaaten zu erfolgen.[3]

 

Rz. 37

Eine innergemeinschaftliche Lieferung liegt auch vor, wenn der Gegenstand der Lieferung durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet be- oder verarbeitet worden ist (§ 6a Abs. 1 S. 2 UStG; Rz. 116ff.).

 

Rz. 38

Die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung muss der liefernde Unternehmer – ebenso wie die Voraussetzungen einer Ausfuhrlieferung – nachweisen.[4] Dabei kann die Warenbewegung über die innergemeinschaftlichen Grenzen nicht mehr durch eine Bestätigung einer Grenzzollstelle nachgewiesen werden. Der liefernde Unternehmer muss deshalb den Nachweis, dass der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat gelangt ist, auf eine andere Art führen. Die Einzelheiten der Nachweisführung ergeben sich aus den §§ 17a bis 17d UStDV (Rz. 188ff.).

 

Rz. 39

Die Regelung über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen beruht auf Art. 131 Abs. 1, 138 und 139 MwStSystRL (Rz. 25ff.).

4.1 Lieferung eines Gegenstands gegen Entgelt

 

Rz. 40

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1b UStG setzt voraus, dass die Lieferung einen steuerbaren Umsatz darstellt. Eine innergemeinschaftliche Lieferung fällt daher nur dann unter diese Vorschrift, wenn der Gegenstand der Lieferung von einem Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens geliefert wird und der Ort der Lieferung im Inland liegt.[1]

 

Rz. 41

Eine Lieferung i. S. v. § 6a Abs. 1 UStG liegt nur vor, wenn ein Unternehmer den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen.[2] Das bedeutet, dass der Abnehmer mit dem Liefergegenstand nach Belieben verfahren, insbesondere ihn wie ein Eigentümer nutzen und veräußern kann.[3] Damit verbunden ist der endgültige Übergang von wirtschaftlicher Substanz, Wert und Ertrag.[4] Ist der Unternehmer nicht verfügungsberechtigt (i. d. R. Nichteigentümer), kann er hinsichtlich dieses Gegenstands keine Lieferung erbringen.[5] Der Begriff der Lieferung bestimmt sich nicht nach den in den einzelnen nationalen Vorschriften über die Eigentumsübertragung vorgesehenen Formen.[6] Hiervon ist bei der Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag auszugehen, die allerdings häufig mit der Übertragung bürgerlich-rechtlichen Eigentums verbunden ist.[7] Gegenstände können auch ohne zivilrechtliche Eigentumsverschaffung geliefert werden, z. B. wenn der "Lieferer" die Befähigung, rechtlich über die Gegenstände zu verfügen, und tatsächliche Verfügungsmacht innehat.[8] Außerdem kann die für eine Lieferung notwendige Verschaffung der...

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