Rz. 9

Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinie 91/680/EWG durch das Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz[1] umgesetzt. In der Bekanntmachung als "UStG 1993" wurde der Übergangscharakter der Besteuerung nach dem Bestimmungslandprinzip durch die Einführung von Paragrafen und Absätzen mit dem Buchstabenzusatz a, b usw. gekennzeichnet. Die Richtlinienbestimmungen wurden nicht wörtlich übernommen, sondern in das bestehende deutsche Umsatzsteuersystem sinngemäß eingepasst. Diese Art der Umsetzung bedingt, wie schon in der Vergangenheit, regelmäßig Umsetzungsmängel, die auch durch richtlinienkonforme Auslegung nicht immer zu beseitigen sind. Wegen der Verzahnung der Umsatzbesteuerung innerhalb der Union ist Voraussetzung für das Funktionieren des Binnenmarkts, dass die grenzüberschreitenden umsatzsteuerlichen Regelungen einheitlich angewendet werden.

 

Rz. 10

Das UStG 1993 ist durch das Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz[2] mWv 1.1.1994 geändert und ergänzt worden. Um Wettbewerbsnachteile seit der Einführung des Binnenmarktgesetzes zu beseitigen, wurden für folgende innergemeinschaftliche Lieferungen und sonstige Leistungen, die von der Steuerbefreiung nach § 6a UStG nicht umfasst sind, Steuerbefreiungen eingefügt:

  • innergemeinschaftliche Lohnveredelungen, die nicht funktionsändernde Werkleistungen beinhalten (§ 4 Nr. 1c UStG; Rz. 140);
  • Lieferungen an Bord von Schiffen oder Flugzeugen während einer innergemeinschaftlichen Personenbeförderung[3];
  • Lieferungen und sonstige Leistungen an NATO-Streitkräfte, Botschaften, Konsulate, zwischenstaatliche Einrichtungen und deren Mitglieder in anderen Mitgliedstaaten (§ 4 Nr. 7 UStG; Rz. 103).
 

Rz. 11

Für die Anwendung von § 6a UStG ist auch das Gesetz zur Änderung des UStG und anderer Gesetze v. 9.8.1994 von Bedeutung, durch das die Richtlinie 94/5[4] mWv 1.1.1995 umgesetzt wurde. Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen ist bei der Differenzbesteuerung ausgeschlossen.[5] Der Begriff des – neuen – Landfahrzeugs ist in § 1b Abs. 3 UStG erweitert worden.

 

Rz. 12

Mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 1996[6] wurde u. a. auch die Zweite USt-Vereinfachungsrichtlinie (Richtlinie 95/7 v. 10.4.1995) umgesetzt. Der Wegfall der Lieferungsfiktion für funktionsändernde Lohnveredelungen[7] und die Streichung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1c UStG bewirken, dass seit 1.1.1996 sämtliche im Inland ausgeführten innergemeinschaftlichen Lohnveredelungen als sonstige Leistungen (Werkleistungen) behandelt werden. Der Ort der Werkleistung wird durch den neu eingefügten § 3a Abs. 2 Nr. 3c UStG in den Mitgliedstaat des Leistungsempfängers verlagert. Eine Steuerbefreiung dieser Leistungen im Inland entfällt damit.

 

Rz. 13

Um die Umsatzbesteuerung im Erwerbsland zu gewährleisten, wurde durch das Jahressteuergesetz 2010 in § 1a Abs. 4 UStG ein neuer S. 2 eingefügt. Nach dieser Vorschrift gilt die Verwendung einer dem Erwerber erteilten USt-IdNr. gegenüber dem Lieferer als Verzicht auf die Anwendung des § 1a Abs. 3 UStG gegenüber dem FA. Bisher unterlagen Unternehmer, die die Erwerbsschwelle nicht überschritten haben, nach § 1a Abs. 3 UStG nicht der USt, auch wenn sie gegenüber dem Lieferer die USt-IdNr. verwendet hatten. Dieser wiederum konnte den Umsatz bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 6a UStG als umsatzsteuerfrei behandeln. Gab der Erwerber gegenüber dem FA keine Verzichtserklärung ab, blieb der Umsatz unbesteuert.[8]

 

Rz. 14

Durch die Aufhebung von § 370 Abs. 6 S. 3 und 4 AO im Jahressteuergesetz 2010 ist die bisherige fehlende Sanktionsmöglichkeit für eine Hinterziehung ausländischer Steuern weggefallen. Damit kann – entsprechend dem EuGH-Urteil v. 7.12.2010[9] – gegen den Lieferer, der vorsätzlich zur Steuerhinterziehung in einem anderen EU-Mitgliedstaat beiträgt (Rz. 205a), eine Sanktion festgesetzt werden.[10]

 

Rz. 14a

Mit Art. 12 Nr. 3 , Nr. 4 Buchst. a , Nr. 8, Nr. 14 Buchst. a bis c sowie Nr. 16 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Jahressteuergesetz 2019) v. 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) wurde § 1a Abs. 2a, § 3 Abs. 1a, § 6b, § 18a Abs. 1, 6 und 7 UStG, betreffend die Konsignationslagerregelung eingefügt. Mit dieser Gesetzesänderung wurde Art. 17a MwStSystRL[11] und Art. 54a MwStVO[12] umgesetzt. Die neue Konsignationslagerregelung führt zu einer Nichtsteuerbarkeit für innergemeinschaftliche Beförderungen und Versendungen über ein Konsignationslager, solange die in den Bestimmungsmitgliedstaat verbrachten Gegenstände in diesem Lager verbleiben (s. Rz. 159a ff.).

 

Rz. 14b

Mit dem Jahressteuergesetz 2019 wurde im neuen § 3 Abs. 6a UStG der § 3 Abs. 6 Sätze 5 und 6 UStG a. F. ersetzt, das Reihengeschäft an die entsprechende Regelung in Art. 36a MwStSystRL[13], der durch RL 2018/2010 eingefügt wurde, angepasst (s. Rz. 8f). In § 3 Abs. 6a S. 4 UStG wird der neue Begriff des "Zwischenhändlers" eingeführt, entsprechend der Vorschrift des Art. 36 Abs. 3 MwStSystRL (Rz. 178a).

 

Rz. 14...

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