Rz. 25

Die Regelung für die Besteuerung des Handelsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten, zu der die Bestimmungen über die innergemeinschaftliche Lieferung gehören, ist eine Übergangsregelung, die von einer endgültigen Regelung abgelöst wird, die auf dem Grundsatz beruht, dass die Lieferungen von Gegenständen im Ursprungsmitgliedstaat zu besteuern sind.[1] Die Vorschriften über die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferungen sind in Abschn. 1 des Kap. 4 zu Titel IX (Steuerbefreiungen) enthalten.

 

Rz. 26

Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL regelt die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferungen unter folgenden Voraussetzungen:

  • Lieferung von Gegenständen i. S. v. Art. 14 und 15 MwStSystRL,
  • Versand oder Beförderung des Gegenstands durch den Verkäufer, den Erwerber oder für deren Rechnung,
  • in einen anderen Mitgliedstaat,
  • an einen anderen Steuerpflichtigen oder nichtsteuerpflichtige juristische Person,
  • die in einem anderen Mitgliedstaat für Umsatzzwecke registriert ist und dem Lieferer seine USt-IdNr. mitteilt und
  • der Lieferer eine fristgerechte, richtige und vollständige Zusammenfassende Meldung abgibt.

Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist von der Mehrwertsteuer befreit, wenn die Voraussetzungen des Art. 138 Abs. 1 und 1a MwStSystRL erfüllt sind. MWv 1.1.2020 sind weitere materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung die Mitteilung der USt-IdNr. durch den Erwerber und die Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung durch den Lieferer, die die Angaben gem. Art. 262 MwStSystRL enthält.[2] Das bedeutet, dass die Mitgliedstaaten die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der EU versandt oder befördert werden, von der Steuer befreien, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der bzw. die als solcher bzw. solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt. Die innergemeinschaftliche Lieferung muss für eine Person ausgeführt werden, deren innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenstände der Mehrwertsteuer unterliegen (Art. 139 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL).

Diese Steuerbefreiung gilt gem. Art. 139 Abs. 1 und 1a MwStSystRL nicht für Kleinunternehmer, pauschalierende Landwirte oder an Personen, deren innergemeinschaftliche Erwerbe nicht der Mehrwertsteuer unterliegen (Art. 3 Abs. 1). Art. 138 Abs. 1 und Art. 139 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL kommen unmittelbare Wirkung zu, sodass sich Steuerpflichtige vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen können, um eine Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung zu erlangen.[3] Die Richtlinienbestimmung ist entsprechend inhaltlich in §§ 4 Nr. 1 Buchst. b und 6a Abs. 1 und 2 UStG umgesetzt worden.

 

Rz. 26a

Die Steuerbefreiung für die innergemeinschaftliche Lieferung eines Gegenstands ist erst anwendbar, wenn

  • das Recht, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen worden ist,
  • der Verkäufer nachweist, dass der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert worden ist und
  • der Gegenstand aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat.[4]
 

Rz. 27

Nach Art. 138 Abs. 2a der MwStSystRL sind die Lieferungen neuer Fahrzeuge, die vom Verkäufer, vom Käufer oder für ihre Rechnung an Nichtunternehmer in einem anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert werden, steuerfrei zu stellen (Rz. 172ff.). Dies gilt auch für private Verkäufer, die gem. § 2a UStG als Unternehmer behandelt werden. Der Erwerb dieser Fahrzeuge unterliegt der Erwerbsbesteuerung.[5]

 

Rz. 28

Art. 138 Abs. 2b MwStSystRL befreit die Lieferungen verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versandt werden (Rz. 160ff.).

 

Rz. 29

Art. 138 Abs. 2c MwStSystRL befreit die von einem Steuerpflichtigen vorgenommene Verbringung eines Gegenstands seines Unternehmens in einen anderen Mitgliedstaat (unternehmensinternes Verbringen, Rz. 48).

 

Rz. 30

Das Unionsrecht hat nunmehr mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2018/1912 (v. 4.12.2018) mWv 1.1.2020 erstmalig Vorschriften über den Nachweis der Versendung oder Beförderung von Gegenständen von einem Mitgliedstaat in einen anderen in Art. 45a der MwStVO erlassen (Rz. 8h). Die gesetzliche Vermutung des Art. 45a MwStVO und Art. 131 MwStSystRL lassen weiterhin den Mitgliedstaaten Raum, Bedingungen zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der Steuerbefreiung sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festzulegen.[6] Der nationale Gesetzgeber ist unter diesen Voraussetzungen und insbesondere unter Wahrung der Grundsätze der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit sowie der Neutralität des Mehrwertsteuersystems ermächtigt, Nachweispflichten zu erlassen und zu regeln.[7] Der deutsche Gesetzgeb...

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