Rz. 170

Ausländischer Abnehmer i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 UStG ist ein Abnehmer, der seinen Wohnort oder Sitz im Ausland, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete, hat.[1] Es gilt der staatsrechtliche Begriff des Auslands. "Ausland" umfasst sämtliche Gebiete, die nicht zum Inland gehören, nämlich im übrigen Unionsgebiet und das Drittlandsgebiet. Ein ausländischer Abnehmer kann seinen Wohnort oder Sitz also nicht nur im Drittlandsgebiet (z. B. auch Helgoland, Büsingen), sondern auch in den übrigen Mitgliedstaaten der EU haben. Abnehmer, die ihren Wohnort oder Sitz in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten haben, sind keine ausländische Abnehmer. Werden die Gegenstände im nichtkommerziellen Reiseverkehr im persönlichen Reisegepäck ausgeführt, müssen die zusätzlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 3a UStG erfüllt sein, d. h. der Abnehmer muss seinen Wohnort im Drittlandsgebiet haben.

 

Rz. 171

In der Zeit bis zum Inkrafttreten des UStG 1980 war als umsatzsteuerliches Inland das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande v. 31.12.1937 zu verstehen[2] unter Berücksichtigung nachträglicher Gebietsänderungen durch Verträge mit Belgien[3], den Niederlanden[4] und der Schweiz.[5] Unter der Geltung des UStG 1980 waren drei umsatzsteuerrechtliche Gebiete zu unterscheiden, nämlich das Erhebungsgebiet, das Außengebiet und die von beiden Begriffen nicht erfassten Gebiete, nämlich die ehemalige DDR und Berlin (Ost).

 

Rz. 172

Das Wort "Sitz" bezieht sich auf die juristischen Personen und auf die nichtrechtsfähigen Gebilde, die als Steuersubjekte in Betracht kommen (z. B. OHG, KG, nichtrechtsfähige Vereine, Zweckvermögen usw.). "Sitz" bedeutet in diesem Zusammenhang nicht "Wohnsitz". Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben ihren Sitz i. S. d. Steuergesetze an dem Ort, der durch Gesellschaftsvertrag, Vereinssatzung, Stiftungsgeschäft oder dgl. bestimmt ist.[6] Auch ein nur vorläufiger Sitz kann umsatzsteuerrechtlich als Sitz i. S. d. § 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG anerkannt werden. Dagegen ist eine scheingeschäftliche Regelung steuerlich unerheblich.[7] Die Vorschrift des § 15 Abs. 3 S. 2 StAnpG, wonach als Sitz der Ort galt, an dem sich die Geschäftsleitung befand oder die Verwaltung geführt wurde, wenn eine Bestimmung über den Sitz nicht getroffen worden war, ist in die AO 1977 nicht übernommen worden. Ist ein Sitz nach § 11 AO nicht bestimmt, gilt als Sitz der Ort, an dem sich der in organisatorischer oder wirtschaftlicher Hinsicht bedeutendste Teil des Abnehmers befindet; das ist i. d. R. der Ort der Geschäftsführung oder der Verwaltung.

 

Rz. 173

Die Bestimmung des Wohnorts bereitet mitunter Schwierigkeiten. Der Begriff "Wohnort" entspricht nicht den Begriffen "Wohnsitz" oder "gewöhnlicher Aufenthaltsort" in §§ 8 und 9 AO. Der Wohnsitzbegriff des § 8 AO, der dem früheren § 13 StAnpG entspricht, stellt auf subjektive Merkmale, nämlich das Wohnsitznehmen, die Wohnung beibehalten und benutzen, ab. Dagegen liegt dem Begriff "Wohnort" eine objektive Betrachtungsweise zugrunde. Danach ist Wohnort der Ort, an dem der Abnehmer eine Wohnung genommen hat, die nach allgemeiner Auffassung für längere Zeit seinen räumlichen Wirkungsbereich und den Mittelpunkt seines Lebens bestimmt.[8] Der BFH geht in seinem Urteil V R 52/74[9] aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG von der Erwägung aus, ein Abnehmer könne nur einen Wohnort haben; danach könne unter Wohnort i. S. d. Gesetzes nur derjenige Ort verstanden werden, der nicht aufgrund subjektiver Willensentscheidung, sondern bei objektiver Betrachtungsweise als örtlicher Mittelpunkt anzusehen sei; dies sei dann der Fall, wenn der Abnehmer für längere Zeit an einem Ort Wohnung genommen habe. Für den Fall, dass der Abnehmer sowohl im Inland als auch im Ausland ansässig sei, also mehrere Wohnsitze (Doppelwohnsitz) begründet habe, müsse eine umsatzsteuerliche Entscheidung getroffen werden. Das bedeutet, dass der Wohnortbegriff enger ist als der Wohnsitzbegriff von § 8 AO. Dabei sah der BFH in einem von vornherein zeitlich befristeten Aufenthalt, während dessen die beruflichen und persönlichen Bindungen an das Ausland nicht gelockert und solche im Inland nicht eingegangen wurden, trotz einer Wohnungsnahme keine Begründung eines Wohnortes im Inland. Die zeitliche Dauer eines Aufenthalts sei zwar ein wichtiges, aber nicht allein entscheidendes Kriterium für die Begründung eines Wohnorts.[10] Ausländer, die im Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht über einen Gegenstand neben ihrer Wohnung im Ausland eine Wohnung im Inland haben, können nicht als ausländische Abnehmer der Ware angesehen werden.[11]

 

Rz. 174

Im Zeitpunkt der Lieferung müssen die Voraussetzungen des § 6 UStG erfüllt sein. Es ist daher unschädlich, wenn der Kaufvertrag, der zur späteren Lieferung führt, bereits vor dem Wohnungswechsel abgeschlossen worden war. Bei wechselnden Wohnorten ist auf den im Zeitpunkt der Lieferung maßgebenden Wohnort abzustellen. Die Eigenschaft ...

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