Rz. 100

Im Gegensatz zum UStG 1967/73 zählt § 6 Abs. 1 S. 1 UStG in seinen Nr. 1 bis 3 verschiedene begünstigte Ausfuhrtatbestände auf (Rz. 6). Nach der früheren Fassung musste der Gegenstand der Lieferung in das Ausland gelangt sein, ohne dass es darauf angekommen wäre, ob der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand in das Ausland befördert oder versendet. Mit dieser Formulierung waren alle Warenbewegungen einer Ausfuhrlieferung erfasst, nämlich das Versenden und Befördern durch den Unternehmer sowie das Abholen der Waren durch den ausländischen Abnehmer. Ihrer Unterscheidung kam rechtliche Bedeutung nur hinsichtlich des Ausfuhrnachweises zu. Die Unterscheidung der einzelnen Ausfuhrtatbestände war deshalb nicht notwendig, weil Voraussetzung für eine steuerfreie Ausfuhrlieferung stets die Lieferung an einen "ausländischen Abnehmer" war. Seit dem UStG 1980 wird dagegen auf die zusätzliche Voraussetzung der Lieferung an einen ausländischen Abnehmer in Fällen verzichtet, in denen die Gegenstände durch Versenden und Befördern seitens des Unternehmers in das Drittlandsgebiet[1] gelangen. Für eine steuerfreie Ausfuhrlieferung kommt es demnach entscheidend darauf an, auf welche Weise der Ausfuhrgegenstand in das Drittlandsgebiet gelangt. Es sind folgende Ausfuhrtatbestände steuerbegünstigt:

[1] Ausgenommen die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete.

4.1 Beförderung oder Versendung durch den Unternehmer (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG)

 

Rz. 101

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt eine Ausfuhrlieferung i. S. v. § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG vor, wenn bei einer Lieferung der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen die Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG, befördert oder versendet hat. Nach dieser Regelung ist nicht Voraussetzung für die Steuerbefreiung, dass die Lieferung an einen ausländischen Abnehmer erfolgt. Damit können Lieferungen an Auslandslager oder ausländische Baustellen deutscher Abnehmer sowie Reihengeschäfte, an denen auch deutsche Unternehmer beteiligt sind, und Lieferungen an Privatpersonen steuerfrei sein.[1] Der Ausfuhr muss eine Lieferung zugrunde liegen (Rz. 32ff.). Ein bloßer innerbetrieblicher Vorgang begründet keine Ausfuhrlieferung (Rz. 90ff.). Wer die Beförderungs- oder Versendungspflicht hat, richtet sich nach der Vertragsgestaltung zwischen Unternehmer und Abnehmer, unabhängig davon, wer die Kosten der Beförderung bzw. Versendung letztlich zu tragen hat. Zu Beginn der Beförderung oder Versendung muss der Abnehmer feststehen. Steht dieser noch nicht fest, wird die Beförderung oder Versendung ohne zugrunde liegendem Umsatzgeschäft durchgeführt; der Ausfuhrgegenstand wird zur Verfügung des Unternehmers ins Drittlandsgebiet verbracht; nur bei innergemeinschaftlichen Lieferungen wird in diesen Fällen ein entgeltlicher Umsatz angenommen.[2] Die Ausfuhr muss von einem Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens erfolgen (Rz. 80ff.). Der Gegenstand gelangt aufgrund einer Beförderung oder Versendung, die durch den Unternehmer veranlasst wurde, ins Drittlandsgebiet (Rz. 20ff.). Geht der Liefergegenstand vor diesem Zeitpunkt noch in der Union unter oder verloren, liegt kein steuerbarer Umsatz im Inland vor, wenn die Verfügungsmacht an dem Gegenstand noch nicht auf den Abnehmer übergegangen war. War die Verfügungsmacht im Inland dem Abnehmer bereits verschafft, liegt eine steuerbare Lieferung, aber wegen fehlender Ausfuhr keine steuerbefreite Ausfuhrlieferung vor. Die Ausfuhr ist ein die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete ist dagegen nur steuerfrei, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 3 UStG vorliegen (Rz. 130ff.).

[1] Benda, UR 1979, 235.

4.1.1 Befördern

 

Rz. 102

Befördern ist gem. § 3 Abs. 6 S. 2 UStG jede Fortbewegung eines Gegenstands (§ 3 Abs. 6 UStG Rz. 18ff.). Eine Beförderung in das Drittlandsgebiet liegt vor, wenn der Unternehmer oder Abnehmer (Rz. 121ff.) den Liefergegenstand ohne Einschaltung eines Spediteurs, Frachtführers, Verfrachters oder eines sonstigen Unternehmers mit eigenem Fahrzeug über die Unionsgrenze in das Drittlandsgebiet transportiert (§ 3 Abs. 6 UStG Rz. 10). Nach § 3 Abs. 6 S. 2 UStG ist unter Befördern jede Fortbewegung eines Gegenstands zu verstehen, auch die Ausfuhr von Beförderungsmitteln mit eigener Antriebskraft. Der Unternehmer oder Abnehmer braucht nicht selbst den Gegenstand der Lieferung zu befördern, sondern kann sich unselbstständiger Erfüllungsgehilfen bedienen, z. B. in seinem Unternehmen beschäftigter Arbeitnehmer. Warenbewegungen durch eine Zweigniederlassung an Abnehmer im Drittlandsgebiet sind als Beförderungsfälle anzusehen. Während es sich in Fällen dieser Art nach dem UStG 1951 um nichtsteuerbare Lieferungen im Ausland handelte, weil dem Abnehmer die Verfügungsmacht über den Liefergegenstand erst im Ausland verschafft wird, gilt nunmehr gem. § 3 Abs. 6 S. 1 UStG die Lieferung mit dem Beginn der Beförderung als ausgeführt, sodass damit eine Ausfuhrlieferung vorliegt.

 

Rz. 103

Die Fortbewegung von Beförderungsmitteln mit eigener Antriebskraft stellt eine Beförderung dar. Die von der Finanzverwaltung nach Ab...

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