Rz. 10

§ 4 Nr. 8 UStG beruht auf verschiedenen Bestimmungen in Art. 135 Abs. 1 MwStSystRL. Die Vorschrift enthält in den Buchst. b bis h eine katalogmäßige Aufzählung von Dienstleistungen, die die EU-Mitgliedstaaten nach Art. 131 MwStSystRL unter den Bedingungen von der USt befreien müssen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen oder Missbräuchen festlegen können. Bei diesen Dienstleistungen handelt es sich überwiegend um solche, die man zusammengefasst als Finanzdienstleistungen bezeichnen könnte.

Nach der Rechtsprechung des EuGH[1] betrifft die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL (Leistungen von Personenzusammenschlüssen an deren Mitglieder für Zwecke deren steuerfreier oder nicht steuerbarer Tätigkeiten) aufgrund ihrer systematischen Stellung in der MwStSystRL nur die selbstständigen Zusammenschlüsse von Personen, deren Mitglieder eine in Art. 132 MwStSystRL genannte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, und ist daher im Finanzdienstleistungsbereich nicht anwendbar.

 

Rz. 11

Der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG entspricht Art. 135 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten die Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber. Auch Art. 135 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL ist als unionsrechtliche Basis zu nennen. Danach befreien die Mitgliedstaaten u. a. die Verwaltung von Kreditsicherheiten durch die Kreditgeber. Nach dem EuGH-Urteil v. 27.10.1993[2] gewährt ein Lieferant von Gegenständen oder ein Erbringer von Dienstleistungen, der dem Kunden bei diesem Umsatz einen Zahlungsaufschub gegen Verzinsung einräumt, grundsätzlich einen steuerfreien Kredit i. S. d. Art. 135 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL. Die Entscheidung betraf den Sonderfall, in dem der Lieferant eines Grundstücks seinem Kunden die Möglichkeit einräumte, die Zahlung des Preises lediglich bis zur Lieferung gegen eine Verzinsung aufzuschieben.

Zu dem Fall, dass im Rahmen eines Unterbeteiligungsvertrags ein Investmentfonds A einer Bank B beim Abschluss dieses Vertrags im Voraus einen Betrag zahlt, im Gegenzug für diese Zahlung die Bank B (im Folgenden: Originator), die C (im Folgenden: Hauptschuldner) Geld geliehen hatte, sich verpflichtet dem Investmentfonds A (im Folgenden: Unterbeteiligter) die vom Originator im Rahmen des ursprünglichen Darlehensvertrags mit dem Hauptschuldner erzielten Einnahmen zu zahlen, während der Cashflow und das Risiko aus der Bilanz des Originators entfernt und auf den Investmentfonds übertragen werden und der Originator das rechtliche Eigentum an den Vermögenswerten behält, hat der EuGH entschieden: Dienstleistungen, die von einem Unterbeteiligten (hier der Investmentfonds) im Rahmen eines Unterbeteiligungsvertrages erbracht werden und darin bestehen, dass dem Originator – als Gegenleistung für die Auszahlung der Einnahmen aus den Forderungen, die in diesem Vertrag bezeichnet sind und im Vermögen des Originators verbleiben – eine Finanzierung gewährt wird, fallen unter den Begriff der Kreditgewährung i. S. v. Art. 135 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL.[3]

Die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL gilt nicht für einen Umsatz, der für den Unternehmer darin besteht, dass er gegen Entgelt alle Rechte und Pflichten aus seiner Position in einem Verfahren zur Zwangsvollstreckung einer durch gerichtliche Entscheidung anerkannten Forderung, deren Zahlung durch ein Recht an einem beschlagnahmten und dem Steuerpflichtigen zugeschlagenen Grundstück gesichert ist, an einen Dritten abtritt. Es handelt sich bei einem solchen Umsatz nicht um eine Kreditgewährung gegen Zinszahlung. Auch liegt kein Umsatz vor, der als Factoring-Leistung nicht steuerbar wäre. Vorliegend handelt es sich um einen Umsatz, der in der entgeltlichen Abtretung aller Rechte und Pflichten aus der Position, die ein Steuerpflichtiger in einem Verfahren zur Zwangsvollstreckung einer gerichtlich anerkannten Forderung innehat, an einen Dritten besteht. Es handelt sich um eine einheitliche Leistung, die nicht in zwei Leistungen aufgespalten werden darf, die zum einen aus einer Forderungsabtretung und zum anderen aus der Abtretung einer Verfahrensposition betreffend die Zwangsvollstreckung einer Forderung bestehen.[4]

 

Rz. 11a

Zu der Frage, ob Art. 135 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL die Bereitstellung von Tankkarten sowie das Aushandeln, die Finanzierung und die Abrechnung des Erwerbs von Kraftstoffen unter Verwendung dieser Karten umfasst oder ob diese mehraktigen Handlungen als Reihengeschäfte eingestuft werden können, deren Hauptzweck die Lieferung von Kraftstoff ist, hat der EuGH[5] entschieden, dass die Grundsätze seines Urteils v. 6.2.2003[6] auf den streitigen Sachverhalt übertragbar sind. Die Klägerin, eine österreichische Muttergesellschaft, tätigte die Überführung von Nutzfahrzeugen verschiedener Hersteller vom Werk direkt zum Kunden, wobei sie sich of...

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