Rz. 40

Die Einziehung von Forderungen ist nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG ausdrücklich nicht Gegenstand der Steuerbefreiung. Damit ist gemeint, dass die Tätigkeit sog. Inkassobüros und vergleichbarer Tätigkeiten anderer Unternehmer nicht unter die Steuerbefreiung fällt. Unter Einziehung von Forderungen ist der Einzug fremder Forderungen im Auftrag des Gläubigers zu verstehen. Die Einziehung von Forderungen durch Inkassounternehmer war auch vor der Regelung in § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG in der ab dem 1.7.1990 geltenden Fassung kein steuerfreier Umsatz.[1]

Ein Steuerpflichtiger erbringt gegenüber den Banken als Forderungsverkäufer Inkassoleistungen, die nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG befreit sind, wenn er Forderungen kauft und den jeweiligen Forderungseinzug im eigenen Namen und für eigene Rechnung durchführt, denn damit hat er zwar einerseits die zahlungsgestörten Forderungen einschließlich des Risikos des Forderungsausfalls formal-rechtlich abgetreten bekommen, andererseits aber auch Verwaltung und Einziehung der Forderungen übernommen, wofür auch eine Factoringgebühr ausgewiesen wurde.[2]

 

Rz. 41

Der Einzug fremder Forderungen, hinsichtlich derer der Einziehende aufgrund der treuhänderischen Abtretung nur eine beschränkte Gläubigerstellung erlangt, erfolgt – im Gegensatz zum Einzug von Forderungen, die auch wirtschaftlich auf den Einziehenden übergegangen sind (z. B. echtes Factoring) – nicht im eigenen Interesse des Einziehenden. Die Inkassotätigkeit ist vielmehr als sonstige Leistung des Einziehenden gegenüber seinem Auftraggeber steuerbar. Diese Leistung ist auch nicht als Umsatz von Geldforderungen i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG steuerfrei. Die Geldforderung selbst verbleibt wirtschaftlich beim Auftraggeber des Einziehenden und ist mithin nicht Gegenstand der Leistung. Der Einziehende ist an Geschäften mit der Geldforderung nicht beteiligt, sondern besorgt lediglich deren Realisierung.[3] Zum Fall der Einziehung von Arzthonoraren durch einen beauftragten Dritten bei den Patienten hat der EuGH[4] entschieden, dass diese Dienstleistungen nicht unter die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL fallen. Denn sie stellen eine "Einziehung von Forderungen" im Sinne der Vorschrift dar und sind daher von der Steuerbefreiung ausgenommen. Nach der EuGH-Entscheidung handelt es sich deshalb um eine Einziehung von Forderungen, weil sich dieser Begriff auf Transaktionen beziehe, die darauf gerichtet sind, die Erfüllung einer Geldschuld zu erwirken. Durch die Übernahme der Beitreibung von Forderungen für Rechnung ihrer Inhaber nimmt der Forderungseinzieher seinem Kunden Aufgaben ab, die dieser als Gläubiger, wenn der Forderungseinzieher nicht tätig würde, selbst erledigen müsste. Es ist unerheblich, wenn die Dienstleistung bei Eintritt der Fälligkeit der betreffenden Schulden erbracht wird. Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL bezieht sich nach seinem Wortlaut auf die Einziehung von Forderungen jeder Art, ohne seinen Anwendungsbereich auf Forderungen zu beschränken, die bei Eintritt der Fälligkeit nicht beglichen wurden. Außerdem ist das Factoring, das in all seinen Formen vom Begriff der „Einziehung von Forderungen“ umfasst ist, nicht auf Forderungen beschränkt, hinsichtlich derer sich der Schuldner bereits mit der Zahlung in Rückstand befindet. Es kann auch Forderungen zum Gegenstand haben, die noch nicht fällig sind und die bei Fälligkeit befriedigt werden. Auch ist es unerheblich, wenn der Forderungseinzug nicht Zwangsmaßnahmen zum Zweck der Befriedigung der Schulden vorsieht.

Die Vorfinanzierung von ärztlichen Honorarforderungen gegen Entgelt ist keine nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreie Leistung, wenn die Zuwendung des Liquiditätsvorteils an die Leistungsempfänger (Ärzte) gegen Vorfinanzierungsgebühr keine selbstständige Leistung in Form einer Kreditgewährung ist, weil die gemäß Vorfinanzierungsvertrag von der Unternehmerin erbrachten Leistungen (hier: Forderungsübernahme bis max. 90 Tage, Abrechnung mit Forderungseinzug und Vorfinanzierung) aus Sicht der Leistungsempfänger (Ärzte) eine einheitliche Leistung darstellen, die durch das Forderungsmanagement und nicht durch die Vorfinanzierung als Kreditgewährung geprägt wird.[5]

 

Rz. 42

Mahngebühren, die eine ärztliche Verrechnungsstelle im Rahmen der treuhänderischen Einziehung der Honorare für die Ärzte von den Honorarschuldnern erhebt und behält, gehören ebenfalls zum Entgelt für die – steuerpflichtige – Einziehungsleistung.[6]

 

Rz. 43

Schließt ein als Versorgungseinrichtung von Berufsverbänden gegründeter eingetragener Verein mit mehreren Lebensversicherungsgesellschaften einen Geschäftsbesorgungsvertrag ab und beschränkt sich die Tätigkeit des Vereins trotz der auch vertraglich übertragenen vermittelnden Tätigkeit auf die rein verwaltende Tätigkeit für Inkassoleistungen sowie auf eine nur eingeschränkte Beratungstätigkeit, auf Werbung für Versicherungsabschlüsse und auf die Schulung von Außendienstmitarbeitern der Versicherungsgesellschaften...

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