1.1 Allgemeines

 

Rz. 1

Nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG sind die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung solcher Umsätze steuerfrei. Die Einziehung von Forderungen, z. B. durch Inkassobüros, ist ausdrücklich von der Steuerbefreiung ausgenommen. Eine andere Steuerbefreiungsvorschrift existiert für Forderungseinziehungen nicht, so dass diese Umsätze generell steuerpflichtig sind.

 

Rz. 2

Unter die Steuerbefreiung fallen insbesondere entgeltliche Forderungsabtretungen, die Behändigung oder Indossierung von Wechseln und Schecks, die entgeltliche Übertragung von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldforderungen, die entgeltlichen Veräußerungen von Bausparverträgen und die Umsätze von aufschiebend bedingten Geldforderungen (auf gesetzliche Zahlungsmittel gerichtete Ansprüche). Ferner gehören dazu Geschäfte mit Warenforderungen sowie Optionsgeschäfte mit Geldforderungen und Nebenleistungen im Zusammenhang mit solchen Umsätzen. Durch die Ausgabe eines nichtverbrieften Genussrechts, das ein Recht am Gewinn eines Unternehmens begründet, wird kein (steuerbarer) Umsatz ausgeführt. Auf die Frage der Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG kommt es somit nicht an.

 

Rz. 3

Keine Geldforderungen sind Forderungen auf geldwerte Berechtigungen zur Ausführung oder zum Empfang von Leistungen – Sachforderungen.[1] Nicht befreit sind deshalb z. B. Umsätze, die sich auf die Abtretung eines Anspruchs des Käufers auf Übergabe und Übereignung der gekauften Sache nach § 433 BGB richten.

[1] Vgl. Hessisches FG v. 25.2.1975, VI 72/69, EFG 1975, 451 zur Veräußerung von sog. Mehlscheinen oder Weizenscheinen.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 4

Gegenüber der bis dahin geltenden Rechtslage war zum 1.1.1980 die Steuerfreiheit wegen des engen wirtschaftlichen Zusammenhangs auf die Vermittlung von Geldforderungen ausgedehnt worden.

 

Rz. 5

In der Zeit v. 1.1.1987 bis zum 30.6.1990 waren nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG ausdrücklich auch die Optionsgeschäfte mit Geldforderungen steuerfrei.[1] Diese Steuerbefreiung war durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. b des Zweiten Gesetzes zur Änderung des UStG v. 30.3.1990[2] zwar im Wortlaut wieder rückgängig gemacht, im Zuge der Neufassung der Vorschrift (vgl. Rz. 7) jedoch fortgeführt worden.

 

Rz. 6

Durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. a des Zweiten Gesetzes zur Änderung des UStG v. 30.3.1990[3] war § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG mWv 1.7.1990 neu gefasst worden. In dieser Fassung galt die Vorschrift bis zum 31.12.2001. Nach der amtlichen Gesetzesbegründung[4] sollte der Wortlaut der Steuerbefreiung an den Text des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-Richtlinie angepasst und allgemeiner gefasst werden.

 

Rz. 7

Durch Art. 18 Nr. 2 Buchst. a des Steueränderungsgesetzes 2001[5] ist die Vorschrift wiederum – mWv 1.1.2002 (Art. 39 Abs. 6 StÄndG 2001) – neu gefasst worden. Die amtliche Gesetzesbegründung[6] erläutert zu dieser Neufassung, dass der Anwendungsbereich der Befreiung auch Umsätze von Forderungen in Form anderer Handelspapiere, insbesondere Geschäfte mit Warenforderungen (z. B. Optionen im Warentermingeschäft), umfasst.[7] Der Begriff "Geldforderungen" in § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG vor Änderung durch das StÄndG 2001 umfasste bei richtlinienkonformer Auslegung auch Geschäfte mit Warenforderungen, wie z. B. Optionen im Warentermingeschäft. Soweit der BFH im Urteil v. 28.11.1985 (V R 169/82, BStBl II 1986, 160) von einer anderen Auffassung ausgegangen war, hielt er hieran nicht mehr fest.[8]

[1] Art. 14 Nr. 3 Buchst. d und Art. 25 Abs. 1 des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 v. 19.12.1985, BGBl I 1985, 2436, BStBl I 1985, 735.
[2] BGBl I 1990, 597, BStBl I 1990, 213.
[3] BGBl I 1990, 597, BStBl I 1990, 213.
[4] Vgl. BT-Drs. 11/6174, BT-Drs. 11/5977.
[5] StÄndG 2001, BGBl I 2001, 3794.
[6] Zu Art. 14 Nr. 1 Buchst. a des Gesetzentwurfs der Bundesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften, BT-Drs. 14/6877.
[7] Vgl. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, 7. Ausschuss, BT-Drs. 14/7340.

1.3 Unionsrecht

 

Rz. 8

§ 4 Nr. 8 Buchst. c UStG beruht auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten "Umsätze – einschließlich der Vermittlung – im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einziehung von Forderungen". § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG setzt damit nur einen Teil dieser Richtlinienvorschrift um. Die übrigen Tatbestände dieser Steuerbefreiung finden sich in § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG.

 

Rz. 9

Der EuGH hat mit Urteil v. 26.6.2003[1] entschieden, dass beim echten Factoring umsatzsteuerrechtlich Umsätze des Factors an den Anschlusskunden vorliegen. Die Dienstleistung des Factors besteht im Wesentlichen darin, dass er den Anschlusskunden von der Einziehung der Forderung und dem Risiko ihrer Nichterfüllung entlastet. Hierfür berechnete Gebühren stellen Entgelt für eine Einziehung von Forderungen i. S. v. Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwS...

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