Rz. 22

Eine Lieferung ist nach § 4 Nr. 4b S. 1 UStG nur unter der Voraussetzung steuerfrei, dass der Abnehmer der Lieferung oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Abnehmer i. S.d. § 4 Nr. 4b UStG ist derjenige, mit dem der liefernde Unternehmer das Umsatzgeschäft (das der Lieferung zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft) abgeschlossen hat, also demgegenüber der Unternehmer vertraglich zu der Lieferung verpflichtet ist.

 
Praxis-Beispiel

Der Schweizer Unternehmer U erhält von dem im Inland ansässigen Unternehmer A den Auftrag, eine Maschine an seinen Vertragspartner, den Unternehmer S in Stuttgart, zu liefern. S holt die Maschine mit seinem eigenen Lkw bei U ab und transportiert sie nach Stuttgart. Die Maschine wird im Unternehmen des S eingesetzt. Vertragspartner des U ist A, der auch die Rechnung begleicht. Abnehmer ist der im Inland ansässige A, weil ihm gegenüber U zur Lieferung verpflichtet ist.

 

Rz. 23

Auf den Sitz oder Wohnsitz des Abnehmers kommt es nicht an. Nach § 4 Nr. 4b S. 1 UStG steuerfreie Lieferungen sind auch gegenüber EU- oder drittlandsansässigen Abnehmern möglich. Die Befreiung des § 4 Nr. 4b UStG gilt auch unabhängig davon, ob der Abnehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Sie gilt auch, wenn der Abnehmer ein Nichtunternehmer ist.

 

Rz. 24

Der Gegenstand der Lieferung muss durch den Abnehmer oder dessen Beauftragten eingeführt werden. Dieser Tatbestand muss m. E. auch aus Sicht einer nach § 4 Nr. 4b S. 2 UStG vorgelagerten Lieferung erfüllt sein. Andernfalls würde das Ziel der Verhinderung eines unversteuerten Letztverbrauchs nicht erreicht. Die Steuerbefreiung der der Einfuhr vorangehenden Lieferung kommt nicht in Betracht, wenn der liefernde Unternehmer selbst (oder sein Beauftragter) den Liefergegenstand einführt. Der Gegenstand der Lieferung wird durch den Abnehmer (oder dessen Beauftragten) eingeführt, wenn ihm die Abfertigung des Gegenstands zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr zuzurechnen ist. Die Anwendung der Steuerbefreiung ist unabhängig davon, ob die nachfolgende Einfuhr steuerpflichtig oder nach § 5 UStG steuerfrei ist.

 

Beispiele:

Unternehmer S befördert Nicht-Unionsware aus der Schweiz in das Gemeinschaftsgebiet. S lagert sie unversteuert in einem Zolllager ein. Das Zolllager befindet sich in Konstanz. Nach der Einlagerung liefert S diese Gegenstände an Unternehmer B aus Berlin. Die Übergabe erfolgt durch Aushändigung eines Lagerscheins, ohne dass die Waren das Zolllager verlassen. B liefert diese Gegenstände an Unternehmer C in Chemnitz. C überlässt die Gegenstände zum zollrechtlich freien Verkehr. Der Ort der Lieferungen von S an B und von B an C liegt in Konstanz[1], die Lieferungen sind damit umsatzsteuerbar. Beide Lieferungen werden vor der Einfuhr ausgeführt und sind nach § 4 Nr. 4b UStG umsatzsteuerfrei.

Unternehmer S befördert Nicht-Unionsware aus der Schweiz in das Gemeinschaftsgebiet. S lagert sie unversteuert in einem Zolllager ein. Das Zolllager befindet sich in Konstanz. Nach der Einlagerung liefert S diese Gegenstände an Unternehmer B aus Berlin. Die Übergabe erfolgt durch Aushändigung eines Lagerscheins, ohne dass die Waren das Zolllager verlassen. B befördert die Gegenstände an C und überlässt die Waren zum zollrechtlich freien Verkehr. Die Lieferung von B an C ist steuerpflichtig. Die Befreiung des § 4 Nr. 4b UStG kann nicht angewendet werden, weil B als liefernder Unternehmer und nicht C als Abnehmer dieser Lieferung den Gegenstand einführt. Die Lieferung von A an B ist zwar auch eine Lieferung vor der Einfuhr, jedoch m. E. nicht nach § 4 Nr. 4b S. 2 UStG steuerfrei, weil – letztlich – nicht der Abnehmer (C) die Ware zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr überlässt.

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