Rz. 8

§ 4 Nr. 4b UStG beruht auf Art. 155, 156 Abs. 1 Buchst. a und c und 161 MwStSystRL. Verstöße gegen diese Vorschriften sind nicht erkennbar. Nach Art. 155 MwStSystRL haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit (Kannvorschrift), unbeschadet der übrigen Steuerbefreiungen vorbehaltlich der Konsultation des Mehrwertsteuerausschusses gem. Art. 398 MwStSystRL Sondermaßnahmen zu treffen, um die in Abschn. 1 von Kapitel 10 MwStSystRL (Zolllager, andere Lager als Zolllager sowie gleichartige Regelungen) genannten Umsätze – oder einige von ihnen – (Art. 155 MwStSystRL kann damit auch lediglich partiell umgesetzt werden) nicht der Mehrwertsteuer zu unterwerfen (d. h. eine Steuerbefreiung einzuführen), sofern die Umsätze nicht für eine endgültige Verwendung (d. h. unternehmerischen Verbrauch) und/oder einen Endverbrauch bestimmt sind und sofern der beim Verlassen der in Abschn. 1 bezeichneten Regelungen oder Sachverhalte geschuldete Mehrwertsteuerbetrag der Höhe der Abgaben entspricht, die bei der Besteuerung dieser Umsätze im Inland geschuldet worden wären.

 

Rz. 9

Nach Art. 156 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL können die Mitgliedstaaten die Lieferungen von Gegenständen befreien, die zollamtlich erfasst und ggf. vorläufig verwahrt bleiben sollen (Buchst. a) oder die einer Zolllagerregelung oder einer Regelung für den aktiven Veredelungsverkehr unterliegen sollen (Buchst. c). Dies ist die Rechtsgrundlage insbesondere für die der Einfuhr vorangehenden Lieferungen von Gegenständen, die einem Zolllagerverfahren (Rz. 31) zugeführt werden oder dem Verfahren der aktiven Veredelung nach dem Nichterhebungsverfahren (Rz. 32) unterliegen. Von Art. 156 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL, wonach auch Lieferungen von Gegenständen befreit werden können, die einer Freizonenregelung oder Freilagerregelung unterliegen sollen, musste der Gesetzgeber keinen Gebrauch machen. Die Lieferungen von Gegenständen, die in die nach § 1 Abs. 2 UStG genannten Freizonen gelangen, sind, wenn es sich um Inlandslieferungen handelt, grundsätzlich bereits als Ausfuhrlieferungen steuerfrei[1], oder, wenn der Ort der Lieferung nicht im Inland liegt, nicht umsatzsteuerbar. Eine Ortsverlagerung über § 3 Abs. 8 UStG ins Inland kommt in diesen Fällen nicht in Betracht, weil der Gegenstand der Lieferung eben nicht ins Inland gelangt.

 

Rz. 10

Nach Art. 161 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten auch Lieferungen unter folgenden Voraussetzungen befreien:

  • von Gegenständen nach Art. 30 Abs. 1 MwStSystRL[2] unter Wahrung der Regelung der vorübergehenden Verwendung bei vollständiger Befreiung von Eingangsabgaben oder unter Wahrung der Regelung des externen Versandverfahrens;
  • von Gegenständen nach Art. 30 Abs. 2 MwStSystRL[3] unter Wahrung des internen gemeinschaftlichen Versandverfahrens nach Art. 276 MwStSystRL.

Dies ist die Rechtsgrundlage insbesondere für die der Einfuhr vorangehenden Lieferungen von Gegenständen, die Versandverfahren (Rz. 30) oder Verfahren der vorübergehenden Verwendung (Rz. 35) unterliegen.

 

Rz. 11

Nach Art. 161 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten auch die mit den nach dieser Vorschrift befreiten Lieferungen zusammenhängenden Dienstleistungen befreien. Hiervon hat der Gesetzgeber in § 4 Nr. 4b UStG keinen Gebrauch gemacht (Rz. 17ff.).

 

Rz. 12

Nach Art. 163 MwStSystRL sind in den Fällen, in denen das Verlassen der genannten Regelungen oder Sachverhalte mit einer Einfuhr i. S. d. Art. 61 MwStSystRL verbunden ist, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um eine Doppelbesteuerung innerhalb des Landes zu vermeiden. Dies war in den Fällen des § 4 Nr. 4b UStG – anders als bei § 4 Nr. 4a UStG (§ 4 Nr. 4a UStG Rz. 36 und Rz. 74) - nicht erforderlich, weil eine nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfreie Lieferung diesen Status behält[4] und auf die steuerfreie Lieferung immer nur eine steuerpflichtige oder steuerfreie Einfuhr folgen kann.

[2] Danach liegt die Einfuhr eines Gegenstands vor, wenn ein Gegenstand, der sich nicht im freien Verkehr i. S. v. Art. 24 EG-Vertrag befindet, in die Gemeinschaft verbracht wird.
[3] Danach liegt die Einfuhr eines Gegenstands vor, wenn ein nicht unter Art. 30 Abs. 1 MwStSystRL fallender im freien Verkehr befindlicher Gegenstand mit Herkunft aus einem Drittlandsgebiet in die Gemeinschaft verbracht wird.
[4] Und nicht wie bei § 4 Nr. 4a UStG nachträglich steuerpflichtig werden kann.

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