Rz. 1

Nach § 4 Nr. 4b UStG ist steuerfrei (mit Vorsteuerabzug) die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den vorbezeichneten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Durch die Regelung werden Lieferungen von Gegenständen befreit, die sich in einem Zollverfahren (Nichterhebungsverfahren) befinden, wenn der Abnehmer der Lieferung oder ein späterer Abnehmer dieses Verfahren beendet. Eine Besteuerung der vorangegangenen Lieferungen wird letztlich durch die Erhebung der EUSt sichergestellt. Unternehmer, die nur Nicht-Unionswaren liefern, die sich nicht im zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr befinden, müssen sich nicht im Inland für Umsatzsteuerzwecke erfassen lassen.

 

Rz. 2

Die Steuerbefreiung gilt für Lieferungen von Nicht-Unionswaren, die sich in einem besonderen Zollverfahren nach Art. 210 UZK[1] befinden.[2] Zu den Nicht-Unionswaren gehören nach Art. 5 Nr. 24 UZK auch Waren, die aus der gemeinsamen Be- oder Verarbeitung von Unions- und Nicht-Unionswaren entstehen. Die Steuerbefreiung gilt nicht, wenn der Lieferer oder dessen Beauftragter den Gegenstand einführt. Dadurch wird ein unversteuerter Letztverbrauch in den Fällen vermieden, in denen der Abnehmer nicht oder nicht in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Eine doppelte Belastung wird durch den Abzug der EUSt als Vorsteuer beim Lieferer nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG ausgeschlossen. Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen[3] geht m. E. der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 4b UStG vor. D.h., wird eine Nicht-Unionsware, die sich in einem Nichterhebungsverfahren befindet, in einen anderen Mitgliedstaat geliefert, gilt die Steuerbefreiung nach § 6a UStG mit allen Konsequenzen (ZM, usw.). Gleiches gilt für Ausfuhrlieferungen nach § 6 UStG, die unter den dort genannten Voraussetzungen steuerfrei sind, nicht aber nach § 4 Nr. 4b UStG.

 

Rz. 3

Die Steuerbefreiung war zwar im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerlagerregelung[4] eingeführt worden. Sie gilt aber unabhängig davon. Insbesondere ist die Befreiung nicht auf den Warenkatalog der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 4a Buchst. a UStG beschränkt. Auch gilt keine Beschränkung hinsichtlich der Aufmachung der eingelagerten Gegenstände. Sie können auch für den Letztverbrauch bestimmt oder aufgemacht sein.

 

Rz. 4

Die Befreiung dient der Steuervereinfachung bei Lieferungen von Gegenständen, die in die Gemeinschaft gelangen und dann noch nicht in den zoll- und einfuhrsteuerrechtlich freien Verkehr gelangen, sondern zunächst dem sog. zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren unterliegen. Unternehmer, die nur Nicht-Unionswaren liefern, die sich nicht im zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr befinden, müssen sich somit nicht im Inland für Umsatzsteuerzwecke erfassen lassen. § 4 Nr. 4b UStG führt den Grundgedanken des früheren § 50 UStDV fort, wonach Lieferungen von Drittlandswaren vor ihrer Einfuhr nicht mit inländischer USt belastet werden sollen, wenn sie vom Abnehmer eingeführt werden. Eine Besteuerung wird (erstmals) durch die Erhebung der EUSt sichergestellt. Unter diesem Gesichtspunkt wäre es nicht nachvollziehbar, die Steuerbefreiung zu versagen, wenn eine Einfuhr letztlich nicht stattfindet, sondern die Gegenstände aus einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren heraus unmittelbar wieder in das Ausland gelangen. Diese Auslegung wird auch durch die Gesetzesbegründung zu § 4 Nr. 4b UStG gestützt, wonach "Lieferungen von Gegenständen befreit (werden sollen), die sich in einem Zollverfahren (Nichterhebungsverfahren) befinden, wenn der Abnehmer der Lieferung oder ein späterer Abnehmer dieses Verfahren beendet." Ein zollrechtliches Nichterhebungsverfahren muss aber nicht zwingend mit einer Einfuhr beendet werden. Es kann z. B. auch dadurch enden, dass der Gegenstand wieder in ein Drittland "ausgeführt" wird.[5]

 

Rz. 5

Die Vorschrift steht auch im Zusammenhang mit der Neuregelung des Einfuhrtatbestands zum 1.1.2004. Bis zum 31.12.2003 war der umsatzsteuerrechtliche Einfuhrtatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG bereits erfüllt, wenn ein Drittlandsgegenstand in das Inland verbracht wurde. Dennoch entstand in diesen Fällen keine Einfuhrumsatzsteuerschuld, wenn sich die Drittlandsware im Zeitpunkt ihrer Einfuhr in einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren nach Art. 84 Abs. 1 Buchst. a ZK (z. B. einem zollrechtlichen Versandverfahren oder Zolllagerverfahren) befand. Der umsatzsteuerrechtliche Einfuhrtatbestand war durch das Steueränderungsgesetz 2003 mWv 1.1.2004 geändert und an das Zollverfahren gebunden worden. Eine Einfuhr im umsatzsteuerlichen Sinne liegt seither grundsätzlich nur dann vor, wenn ein Drittlandsgegenstand im Inland in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr überführt wird.

Die Auswirkungen der durch die Neuregelung des Einfuhrtatbes...

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