2.1.1 Unionswaren – Nicht-Unionswaren

 

Rz. 40

Die Befreiung von Lieferungen in ein oder in einem Umsatzsteuerlager nach § 4 Nr. 4a S. 1 Buchst. a S. 1 UStG ist zwar auf die Gegenstände nach der Anlage 1 beschränkt. Auf den Status dieser Gegenstände kommt es jedoch nicht an. Die Steuerbefreiung gilt daher sowohl für Lieferungen von Unionswaren als auch von Nicht-Unionswaren, die sich in einem Zollverfahren (Nichterhebungsverfahren) befinden.

 

Rz. 41

Ware, die sich im Zollgebiet der Union befindet, hat zollrechtlich entweder den Status von Unionsware oder den Status von Nicht-Unionsware. Für alle im Zollgebiet der Union befindlichen Waren gilt die Vermutung, dass es sich um Unionswaren handelt, sofern nicht festgestellt wird, dass sie nicht Unionswaren sind.[1] Unionswaren sind Waren, die

  • (a) im Zollgebiet der Union vollständig gewonnen oder hergestellt wurden und bei deren Herstellung keine aus Ländern oder Gebieten außerhalb des Zollgebiets der Union eingeführten Waren verwendet wurden,
  • (b) aus Ländern oder Gebieten außerhalb des Zollgebiets der Union in dieses Gebiet verbracht und zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen wurden,
  • (c) im Zollgebiet der Union entweder ausschließlich aus Waren nach dem vorherigen Buchstaben b oder aus Waren nach den vorherigen Buchstaben a und b gewonnen oder hergestellt wurden.[2]

    Nicht-Unionswaren sind andere als die vorgenannten Waren und Waren, die den zollrechtlichen Status als Unionswaren verloren haben.[3]

    Zu den Nicht-Unionswaren gehören nach Art. 5 Nr. 24 UZK auch Waren, die aus der gemeinsamen Be- oder Verarbeitung von Unions- und Nicht-Unionsware entstehen.

     
    Praxis-Beispiel

    Aktive Veredelung einer Drittlandsware unter Verwendung von Unionsware und Lieferung des veredelten Gegenstands vor Einfuhr Eine in den USA gefertigte Pkw-Windschutzscheibe wird von einem deutschen Unternehmer A (Automobilzulieferindustrie) bei ihrer Ankunft in Deutschland in die aktive Veredelung im zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren übergeführt. Die Windschutzscheibe wird anschließend in einen Kunststoffrahmen, der sich im freien Verkehr befindet (also bereits eingeführt wurde), eingebaut. Die Windschutzscheibe einschließlich Kunststoffrahmen wird von A danach im Rahmen des aktiven Veredelungsverkehrs an den Automobilhersteller B veräußert, der die gesamte Scheibe in sein Produkt (Pkw) einbaut. Unternehmer B fertigt die Fahrzeuge, die nicht in das Drittland ausgeführt werden, zum freien Verkehr ab und entrichtet die fälligen Einfuhrabgaben (Zoll und EUSt). Nach Art. 256 Abs. 1 Buchst. a UZK werden grundsätzlich nur Nicht-Unionswaren in das Verfahren der aktiven Veredelung übergeführt. Durch das "Hinzufügen" von Nicht-Unionswaren, (hier die Windschutzscheibe) verlieren die Unionswaren (hier der verwendete Kunststoffrahmen) allerdings ihren zollrechtlichen Status als "Unionsware" und werden zu Nicht-Unionswaren. Wird das Endprodukt (hier die gerahmte Windschutzscheibe) im Rahmen eines weiteren Verfahrens der aktiven Veredelung an einen Abnehmer veräußert, der das Endprodukt in ein neues Produkt z. B. ein Fahrzeug einbaut und gelangt das Wirtschaftsgut in diesem Zusammenhang in den Wirtschaftskreislauf der EU (z. B. durch Abfertigung zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr), entstehen Einfuhrabgaben. Soweit der Unternehmer, der den Gegenstand eingeführt hat (hier B), zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, kann er unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG die entstandene EUSt als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG). Die Lieferung des im Rahmen der aktiven Veredelung bearbeiteten und gelieferten Gegenstands (hier die gerahmte Windschutzscheibe) ist nach § 4 Nr. 4b UStG umsatzsteuerfrei, wenn der Abnehmer der Lieferung (hier B) oder dessen Beauftragter den Gegenstand einführt.

 

Rz. 42

Unbeschadet des Art. 254 UZK unterliegen Unionswaren nicht mehr der zollamtlichen Überwachung, sobald ihr zollrechtlicher Status festgestellt ist.[4] Unionswaren werden zu Nicht-Unionswaren, wenn sie aus dem Zollgebiet der Union verbracht werden, sofern nicht die Vorschriften über den internen Versand Anwendung finden, wenn sie, sofern dies nach den zollrechtlichen Vorschriften zulässig ist, in das externe Versandverfahren, die Lagerung oder die aktive Veredelung übergeführt werden, wenn sie nach Überführung in die Endverwendung entweder zugunsten der Staatskasse aufgegeben werden oder zerstört werden und Abfall übrig bleibt, oder wenn die Zollanmeldung zum zollrechtlich freien Verkehr nach Überlassung der Waren für ungültig erklärt wird.[5] Über Unionswaren darf der Wirtschaftsbeteiligte grundsätzlich – ohne Mitwirkung der Zollbehörden – beliebig verfügen. Sofern ein wirtschaftlicher Bedarf besteht und die zollamtliche Überwachung nicht beeinträchtigt wird, können die Zollbehörden die Lagerung von Unionswaren in einem Verwahrungslager bewilligen. Diese Waren werden nicht als Waren in der vorübergehenden Verwahrung betrachtet.[6]

 

Rz. 43

Das vorübergehende Lagern von Nicht-Unionswaren unter zollamtlicher Überwachung in dem Z...

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