Rz. 86

Nach § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. c UStG sind im Gleichklang mit § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. k UStG auch die Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 BGB oder als Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB bestellt worden sind, von der USt befreit. Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff "Einrichtungen" unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leistungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen. Nicht nach der Vorschrift begünstigt sind Leistungen, die nach § 1835 Abs. 3 BGB vergütet werden. Auf die Pflegschaft finden die Vorschriften des Vormundschaftsrechts entsprechende Anwendung.[1]

 

Rz. 87

Nach § 1773 BGB bestellte Vormünder üben eine in ihrem Wesensgehalt den Betreuern gleichartige Tätigkeit aus. Die Steuerbefreiung ist aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) daher auch auf Vormünder zu erstrecken. Abweichungen bestehen lediglich in den Modalitäten der Vergütung, die umsatzsteuerlich jedoch nicht beachtlich sind. Entscheidend ist die Gleichartigkeit der erbrachten Leistungen. Da Vormünder ihre Leistungen gegenüber Minderjährigen erbringen, beruht die Steuerbefreiung, abweichend von nach §§ 1896 ff. BGB erbrachten Betreuungsleistungen, auf der unionsrechtlichen Grundlage des Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL.

 

Rz. 88

Auch für Leistungen der Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB gilt wegen der Vergleichbarkeit der Tätigkeit mit Vormündern die Steuerbefreiung. Für alle Pflegschaften gelten gem. § 1915 BGB die Vorschriften über die Vormundschaft entsprechend. Für die Vergütung findet sich eine Sonderregelung für die Vergütung von Pflegern, deren Vergütung – bei nicht mittellosen Pfleglingen – nicht aus der Staatskasse gezahlt wird. Der Ergänzungspfleger ist im Rahmen seines Aufgabenkreises anstelle der Eltern gesetzlicher Vertreter des Kindes. Er nimmt insoweit Aufgaben der Eltern an ihrer Stelle wahr. Je nach Schwerpunkt kann es sich um Tätigkeiten im Rahmen der Personensorge (z. B. Regelung der Unterbringung des Kindes in einer Flüchtlingsunterkunft oder einer Jugendhilfeeinrichtung) oder der Vermögenssorge (z. B. Stellung eines Antrags auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts) handeln. In jedem Fall geht es um die Ausübung von Fürsorgeaufgaben für das minderjährige Kind.

 

Rz. 89

Die Ergänzungspflegschaft nach § 1909 BGB dient wie die Vormundschaft der Fürsorge für Minderjährige, wenn in Teilbereichen ihre Angelegenheiten nicht von dem Sorgeberechtigten (Eltern oder Vormund) wahrgenommen werden können. Dies kann sich vergleichbar dem Betreuungsrecht auf die Personen- oder Vermögenssorge oder einzelne Angelegenheiten dieser Bereiche beziehen. Die sorgerechtliche Zuständigkeit der Eltern oder des Vormunds bleibt dann in den übrigen Angelegenheiten bestehen. So kann Eltern bei Vernachlässigung des Kindes nur die Personensorge entzogen werden, für die ein Ergänzungspfleger bestellt wird. Die Vermögenssorge bleibt dann bei den Eltern. Andererseits kann auch die Ergänzungspflegschaft für Vermögensangelegenheiten des Minderjährigen erforderlich sein, so insbesondere in den Fällen des § 1909 Abs. 1 S. 2 BGB i. V. m. § 1638 Abs. 1 BGB. Die Pflegschaft kann berufsmäßig geführt werden. Der Ergänzungspfleger erhält in diesem Fall – wenn der Mündel, wie in aller Regel, mittellos ist – eine Vergütung aus der Staatskasse gem. §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1836 BGB, §§ 1ff. VBVG.[2] Eine auf die Vergütung entfallende USt wird, soweit sie nicht nach § 19 Abs. 1 UStG unerhoben bleibt, zusätzlich ersetzt.[3] Erbringt ein zum berufsmäßigen Ergänzungspfleger bestellter Rechtsanwalt für den Pflegling über die bloße Amtsausübung hinausgehende berufsspezifische Dienste, steht ihm ein Wahlrecht zwischen der Vergütung nach anwaltlichem Gebührenrecht[4] und der Vergütung nach Zeitaufwand[5] zu, und zwar unabhängig davon, ob ihm im Falle der Vergütung nach anwaltlichem Gebührenrecht lediglich eine Vergütung nach Beratungs- oder Prozesskostenhilfesätzen zustehen würde. Das Wahlrecht kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Festsetzung der Vergütung ausgeübt werden. Rechnet ein zum berufsmäßigen Ergänzungspfleger eines mittellosen Pfleglings bestellter Rechtsanwalt mit der Staatskasse nach §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 BGB i. V. m. § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VBVG nach Zeitaufwand ab, fällt auf die festgesetzte Vergütung keine USt an, weshalb ihm eine solche auch nicht nach § 4 Abs. 1 S. 3 VBVG zu ersetzen ist. Dies gilt im Hinblick auf Art. 132 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h MwStSystRL und die hierzu ergangene Rechtsprechung des BFH[6] auch für Leistungen, die der Ergänzungspfleger vor Inkrafttreten des § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. c UStG zum 1.7.2013 erbracht hat.[7]

Der (anwaltliche) Einzelvormund ist als Einrichtung i. S. v. § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. c UStG anzusehen und hinsichtlich seiner Vergütung von der Umsatzsteuerpflicht befreit, soweit es sich nicht um Leistungen i. S. v. § 1835 Abs. 3 BGB handelt.[8]

 

Rz. 90

Keine vergleichbaren Tätigkeiten werden ...

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