Rz. 9

Folgende Umsätze unterliegen nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG ab dem 1.1.2010[1] dem ermäßigten Steuersatz von 7 %: Die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen.[2] Dies gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind.[3] Seither könnte sich die Frage stellen, ob für Beherbergungsleistungen der nach § 4 Nr. 24 UStG begünstigten Einrichtungen statt der Steuerbefreiung (ohne Vorsteuerabzug) die Steuerermäßigung (mit Vorsteuerabzug) nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG in Betracht kommen kann. Dies wäre für die betroffenen Unternehmen – jedenfalls bei höheren Investitionen – ggf. vorteilhaft. M.E. geht die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 24 UStG insbesondere mit seiner Anbindung an das Gemeinnützigkeitsrecht ("… soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen …") der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG vor. Dies ergibt sich auch unionsrechtlich daraus, dass die Mitgliedstaaten die Steuerbefreiungen nach Art. 132 MwStSystRL zwingend anzuwenden haben, während Steuerermäßigungen optional ausgestaltet sind (vgl. auch Anhang III Nr. 15 MwStSystRL, wonach die dort geregelte Steuerermäßigung für Leistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit nur in Betracht kommt, soweit die Leistungen nicht nach den Art. 132, 135 und 136 MwStSystRL steuerfrei sind). Es besteht demnach kein Wahlrecht der Unternehmer im Bereich des Jugendherbergswesens auf Anwendung der Steuerbefreiung oder der Steuerermäßigung.

 

Rz. 10

Die Anwendung der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG ist danach nur denkbar, soweit die Körperschaften, die Träger der Jugendherbergen sind, andere wirtschaftliche Betätigungen ausüben und dadurch einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten. Damit unterliegen sie grundsätzlich der normalen Besteuerung. Dies gilt z. B. auch für die Beherbergung allein reisender Erwachsener in Jugendherbergen. Die Finanzverwaltung verfährt hierbei auf der Grundlage der Rechsprechung des BFH[4] gemeinnützigkeitsrechtlich wie folgt:

  • Die Beherbergung allein reisender Erwachsener lässt sich aus tatsächlichen Gründen von den satzungsmäßigen Leistungen an Jugendliche und Familien abgrenzen. Kriterien für die Unterscheidbarkeit können z. B. die Art der Reservierung, die Beherbergungsentgelte, die Größe und Ausstattung der Zimmer, die Verpflegung, der Service und die Beteiligung der Herbergsgäste an der Gemeinschaftsarbeit sein. In diesen Fällen wird die Beherbergung der allein reisenden Erwachsenen als selbstständiger steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt.
  • Die allein reisenden Erwachsenen werden zu den gleichen Bedingungen wie die anderen Gäste (Jugendliche und Familien) beherbergt. Die gegenüber den allein reisenden Erwachsenen erbrachten Leistungen gehören zum Zweckbetrieb "Jugendherberge", wenn sie nur einen geringen Teil der Gesamtleistung ausmachen. Die Grenze, bis zu der solche Leistungen als geringfügig und damit als unschädlich für die Zweckbetriebseigenschaft anzusehen sind, hat der BFH[5] mit 10 % der Übernachtungen angegeben. Bei einem höheren Anteil der Beherbergung von allein reisenden Erwachsenen zu gleichen Bedingungen wie die anderen Gäste wird die gesamte Jugendherberge als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt.
 

Rz. 11

Bei einem Vergleich zwischen wirtschaftlichen Betätigungen steuerpflichtiger Unternehmer (etwa Hotels) und gemeinnütziger Körperschaften ist auch zu beachten, dass den Steuervergünstigungen wegen der Förderung steuerbegünstigter Zwecke auch Nachteile gegenüber stehen. Im Gegensatz zu gewerblichen Anbietern ähnlicher Leistungen müssen sich die gemeinnützigen Einrichtungen den strengen Bindungen des Gemeinnützigkeitsrechts[6] unterwerfen. Danach ist eine Körperschaft nur dann gemeinnützig, wenn sie nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung selbstlos, ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke fördert. Selbstlosigkeit ist nur dann gegeben, wenn die Körperschaft u. a. sämtliche Mittel für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet, keine Gewinne ausschüttet, keine Person durch Ausgaben, die ihrem Zweck fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt und bereits in der Satzung festlegt, dass ihr Vermögen bei Auflösung oder Wegfall ihrer Gemeinnützigkeit im steuerbegünstigten Bereich verbleibt.

 

Rz. 12

Vor diesem Hintergrund sind nach § 4 Nr. 24 UStG u. a. die Beherbergung und Beköstigung in Jugendherbergen einschließlich der Lieferung von Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken außerhalb der Tagesverpflegung umsatzsteuerfrei, wenn diese Leistungen an Jugendliche, andere Personen, wenn sie sich in der Ausbildung oder For...

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