1.1 Vorbemerkung, Zweck und Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 1

§ 4 Nr. 23 UStG beruht auf sozialpolitischen Erwägungen. Die Befreiungsvorschrift i. d. F. bis 31.12.2019 geht auf § 4 Nr. 13 UStG 1951 zurück und soll Einrichtungen im Bereich der Jugenderziehung und -ausbildung zugutekommen.[1] Die hierdurch begünstigten Unternehmer sind dadurch gekennzeichnet, dass sie Jugendliche für die genannten Zwecke bei sich aufnehmen. Wie schon der BFH[2] ausgeführt hatte, begünstigt die Vorschrift diejenigen Unternehmer, die nicht schon von den Befreiungsvorschriften des § 4 Nr. 18, 21, 24 und 25 UStG erfasst werden, aber ebenfalls im Bereich der Jugendarbeit tätig werden, nämlich durch die Aufnahme von Jugendlichen zu Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken bei sich. Ausgenommen von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG sind Leistungen der Jugendhilfe nach SGB VIII (diese Leistungen nach § 2 Abs. 2 SGB VIII und die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII sind bereits unter den Voraussetzungen des ab 1.1.2008 neu formulierten § 4 Nr. 25 UStG steuerfrei[3]). Die Tätigkeit der Aufnahme von Jugendlichen muss nicht der alleinige Gegenstand der begünstigten Unternehmer sein, sie muss auch nicht den Hauptgegenstand des Unternehmens bilden, muss aber zum Bereich der unternehmerischen Betätigung gehören. In welchem Umfang oder in welcher Organisationsform diese Tätigkeit betrieben wird, ist unerheblich, wie sich aus dem weiten Begriffsinhalt der "Einrichtungen", auf die § 4 Nr. 23 UStG abstellt, ergibt.[4] Die Steuerbefreiung i. d. F. bis 31.12.2019 sollte auch Schullandheimen und anderen mit Schul- und Erziehungsmaßnahmen in Zusammenhang stehenden Einrichtungen und damit umfassend Einrichtungen im Bereich der Jugenderziehung und -ausbildung zugutekommen.[5]

Rz. 23 einstweilen frei

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 4

Im UStG 1967/1973 war die Regelung aus § 4 Nr. 13 UStG 1951 übernommen worden. Dabei wurde der Kreis der aufzunehmenden Personen auf Jugendliche (Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahrs) beschränkt. Neben den begünstigten Leistungen an das Erziehungs- und Pflegepersonal wurde die Steuerbefreiung auf die Beherbergungs-, Beköstigungs- und üblichen Naturalleistungen an das Personal auch insoweit ausgedehnt, als es sich um Vergütungen für geleistete Dienste handelt. Außerdem wurden die begünstigten Aufnahmezwecke um die Säuglingspflege erweitert.

 

Rz. 5

§ 4 Nr. 23 UStG war zum 1.1.1980 unverändert aus § 4 Nr. 23 UStG 1967/1973 übernommen worden und bis 31.12.2007 unverändert geblieben.

 

Rz. 6

Durch Art. 8 Nr. 4 Buchst. c des Jahressteuergesetzes 2008[1] wurden in S. 1 der Vorschrift die Wörter "Personen und" gestrichen und ein neuer S. 4 angefügt, wonach die S. 1 bis 3 nicht gelten, soweit eine Leistung der Jugendhilfe nach SGB VIII erbracht wird. Die Änderungen traten am 1.1.2008 in Kraft. Die Streichung der Wörter "Personen und" in S. 1 geht auf die EuGH-Rechtsprechung zurück. Danach[2] umfasst der Begriff "Einrichtungen" in Art. 132 MwStSystRL auch natürliche Personen. Damit war eine besondere Nennung von "Personen" neben "Einrichtungen" in § 4 Nr. 23 UStG nicht mehr erforderlich. Nach § 4 Nr. 23 UStG sind unter bestimmten Voraussetzungen u. a. Unterkunfts- und Verpflegungsdienstleistungen an Kinder und Jugendliche bis zum 27. Lebensjahr umsatzsteuerfrei. Der neue S. 4 regelt, dass diese Steuerbefreiung nicht gilt, soweit eine Leistung der Jugendhilfe des SGB VIII erbracht wird. Die Leistungen nach § 2 Abs. 2 SGB VIII und die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII sind bereits unter den Voraussetzungen des (ab 1.1.2008 neu formulierten) § 4 Nr. 25 UStG steuerfrei.

 

Rz. 6a

Durch Art. 12 Nr. 5 Buchst. e des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019[3] wurde § 4 Nr. 23 UStG mWv 1.1.2020 völlig neu gefasst.[4] Die Änderung diente der zutreffenden Umsetzung der Steuerbefreiungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. h und i MwStSystRL für den Bereich der Erziehung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen in nationales Recht. Zudem wurde mit der Neufassung der Vorschrift klargestellt, dass der Unternehmer, der Leistungen der Erziehung bzw. der Betreuung i. S. d. Norm erbringt, eine Einrichtung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendbetreuung oder der Kinder- und Jugenderziehung i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. h oder i MwStSystRL unterhalten muss.[5]

 

Rz. 6b

Durch Art. 12 Nr. 2 Buchst. c des JStG 2020[6] ist § 4 Nr. 23 S. 1 Buchst. c UStG mWv 1.1.2021[7] neu gefasst worden. Diese Neufassung ergibt sich aus der Beschlussempfehlung und dem Bericht des BT-FA.[8] Der Regierungsentwurf für ein JStG 2020[9] hatte insoweit lediglich vorgesehen, in § 4 Nr. 23 S. 1 Buchst. c UStG nach dem Wort "Verpflegungsdienstleistungen" die Wörter "und Beherbergungsleistungen" einzufügen. Damit sol...

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