Rz. 57

Die Bescheinigung bindet Finanzbehörden und Finanzgerichte gleichermaßen. Dies ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut, wonach die bezeichneten Leistungen unter den dort genannten Voraussetzungen steuerfrei sind, wenn die vorgesehene Bescheinigung mit dem dort bezeichneten Inhalt erteilt worden ist. Das schließt nicht aus, dass die Finanzbehörden bei der zuständigen Landesbehörde eine Überprüfung der Bescheinigung anregen. Sofern in einschlägigen Fällen berechtigte Zweifel daran bestehen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Bescheinigung vorlagen oder weiterhin vorliegen, können die FÄ Überprüfungen bei den zuständigen Landesbehörden anregen. Eine Überprüfung i. d. S. wird nicht in regelmäßigen Zeitabständen erforderlich sein, sondern nur, wenn besondere Anhaltspunkte vorliegen. Die Bescheinigung kann jederzeit widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung nicht mehr gegeben sind. An die in der Bescheinigung enthaltene Beurteilung der jeweiligen Einrichtung ist die Finanzverwaltung m. E. jedoch nicht gebunden, wenn diese offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht. Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde bindet das FA und das Finanzgericht nämlich nur im Rahmen der dieser Behörde nach dem Gesetzeswortlaut zustehenden Entscheidungsbefugnis, nicht aber hinsichtlich der Frage, ob es sich bei der jeweiligen Einrichtung um ein Theater, Orchester, Museum oder um eine sonstige in § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG genannte Einrichtung handelt.[1] Der BFH hat in seinem Urteil v. 3.5.1989[2] für die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 UStG klargestellt, dass steuerlich nicht nachprüfbarer Gegenstand der Bescheinigung nur ist, ob die Einrichtung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt, also die Einrichtung in ihrer Tätigkeit auf einen Beruf oder eine Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Übertragen auf die Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 UStG bedeutet dies, die Bindungswirkung der Bescheinigung kann allenfalls soweit bestehen, als die Landesbehörde die kulturelle Aufgabe der Einrichtung bestätigt. Bei den als Gegenstand der Bescheinigung angeführten Umständen handelt es sich also nicht um spezifisch steuerrechtliche Fragen, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Beurteilung dem Aufgabenbereich der Finanzbehörden zuzuordnen wären.[3] Die Finanzbehörde entscheidet selbst, ob die weiteren Voraussetzungen der Steuerbefreiung vorliegen, z. B., ob die Einrichtung überhaupt ein Theater usw. ist und ob die Leistungen selbst unter die Steuerbegünstigung fallen können.

 

Rz. 58

Die entsprechende Bescheinigung bindet die Finanzbehörden als Grundlagenbescheid nach § 171 Abs. 10 AO i. V. m. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO.[4] Die Finanzverwaltung darf bei Vorlage einer Bescheinigung die Steuerbefreiung nicht mit der Begründung verweigern, der Unternehmer würde nicht die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG genannten Einrichtungen. Sie würde damit unzulässigerweise über die Eignung der Einrichtung und die Qualität der Darbietungen (z. B. die Programmgestaltung, die Zielsetzung und den Wirkungsbereich der betreffenden Einrichtung) entscheiden. Diese Entscheidung steht aber ausschließlich der zuständigen Landesbehörde zu. Das schließt nicht aus, dass die Finanzbehörden bei der zuständigen Landesbehörde eine Überprüfung der Bescheinigung anregen können. Für den rückwirkenden Erlass der Bescheinigung gilt eine Befristung entsprechend den Regelungen der AO zur Feststellungsverjährung.

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