Rz. 15

§ 4 Nr. 19 UStG beruht auf Art. 371 i. V. m. Anh. X Teil B Nr. 5 MwStSystRL.[1] Danach dürfen die Mitgliedstaaten für eine – bislang noch nicht begrenzte – Übergangszeit weiterhin von der Steuer befreien: "Umsätze, die von Blinden oder Blindenwerkstätten bewirkt werden, wenn ihre Befreiung von der Steuer keine erheblichen Wettbewerbsverzerrungen verursacht". Der Begriff "erhebliche" Wettbewerbsverzerrung ist nach der bisherigen EuGH-Rechtsprechung zur Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts[2], wo insoweit von "größeren" Wettbewerbsverzerrungen die Rede ist, wohl dahingehend auszulegen, dass die Steuerbefreiung der Umsätze von Blinden und Blindenwerkstätten solange möglich ist, als sie lediglich zu unbedeutenden Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Die gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerbsverzerrungen müssen demnach mehr als unbedeutend sein, um sie als "erhebliche" auffassen zu können. Die Entscheidung im Einzelfall ist den Mitgliedstaaten überlassen.[3]

 

Rz. 16

Die Achtzehnte Richtlinie des Rates v. 18.7.1989 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die USt[4] hob zwar bestimmte, in Art. 28 Abs. 3 i. V. m. den Anhängen E und F der 6. EG-Richtlinie (ab 1.1.2007: Anh. X Teile A und B MwStSystRL) vorgesehene Ausnahmeregelungen auf. MWv 1.1.1990 konnten die Mitgliedstaaten von den Kategorien 1, 3 bis 6, 8 bis 19, 12 bis 15 des Anh. E der 6. EG-Richtlinie keinen Gebrauch mehr machen und die dort genannten Umsätze (z. B. Paketbeförderung, sportliche oder kulturelle Leistungen, Ausfuhrlieferungen im Reiseverkehr) nicht mehr von der Steuerbefreiung ausnehmen. Ebenso konnten die Mitgliedstaaten mWv 1.1.1990 von den Kategorien 3, 14 und 18 bis 22 des Anh. F der 6. EG-Richtlinie keinen Gebrauch mehr machen und die dort genannten Umsätze (z. B. Inkasso von Forderungen, Bedarfsumsätze für die Binnenschifffahrt, Lieferungen von Industrieabfällen) nicht mehr von der Steuerpflicht ausnehmen. Die EU-Kommission hatte in ihrem Richtlinienvorschlag v. 22.7.1992[5] eine weitere Streichung, nämlich der Kategorien 2, 7 und 11 von Anh. E sowie 1, 5 bis 8, 12, 23 und 25 des Anhangs F, mWv 1.1.1993 vorgeschlagen. Der Richtlinienvorschlag ist allerdings – zusammen mit weiteren Vorschlägen – zurückgezogen worden, sodass Deutschland sich nach wie vor auf Kategorie 5 von Anh. X Teil B MwStSystRL berufen kann. Die Übergangsregelung wird im Übrigen noch von Frankreich und den Niederlanden angewendet.

Rz. 17 einstweilen frei

[1] Bis 31.12.2006: Art. 28 Abs. 3 Buchst. b i. V. m. Anh. F Nr. 7 der 6. EG-Richtlinie.
[3] Vgl. insbesondere EuGH v. 16.9.2008, C-288/07, Isle of Wight Council u. a., BFH/NV 2009, 108.
[4] Richtlinie des Rates v. 18.7.1989, 89/465/EWG, ABl. EG 1989 Nr. L 226, 21.
[5] BR-Drs. 566/92; sog. 18a-Richtlinie.

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