Rz. 95

Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz[1] wurden zum 1.7.2013 Einrichtungen, denen die rechtliche Betreuung nach § 1896 BGB durch Betreuungsbeschluss übertragen wurde, als begünstigte Einrichtungen anerkannt und in den Katalog des § 4 Nr. 16 S. 1 unter Buchst. k UStG aufgenommen.

Rechtliche Betreuung erhalten volljährige Personen, die ihre Angelegenheiten aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ganz oder teilweise nicht besorgen können. Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH umfasst demnach der Begriff "Einrichtungen" i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leistungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen. Damit erfasst die Steuerbefreiung künftig grundsätzlich auch die nach den §§ 1896ff. BGB erbrachten Betreuungsleistungen, insbesondere solche, die von Vereinsbetreuern und Betreuungsvereinen, aber auch solche, die von Berufsbetreuern erbracht werden. Ferner werden im Gleichklang mit der Einführung des neuen § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. k UStG auch die Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 BGB oder als Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB bestellt worden sind, nach § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. c UStG von der USt befreit.

 

Rz. 96

Bereits lange vor der Gesetzesänderung hat der BFH entschieden[2], dass Leistungen sog. Betreuungsvereine als steuerfrei anzusehen sind, sofern sich der Verein entgegen der Beschränkung des sog. Abstandsgebots des § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL beruft. Weiterhin hat der BFH entschieden[3], dass sich ein gem. § 1896 BGB gerichtlich zur Erbringung von Betreuungsleistungen bestellter Berufsbetreuer für die Anwendung der Steuerbefreiung der aufgrund dieser Bestellung erbrachten Betreuungsleistungen unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen kann. In diesen Urteilen führt der BFH aus, dass rechtliche Betreuungsleistungen Dienstleistungen sind, die unmittelbar Ausdruck der in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL genannten Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit sind. Dem BFH zufolge sind Betreuungsvereine und Berufsbetreuer als andere in der Bundesrepublik Deutschland anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter anzusehen, wenn die Betreuungsvereine bzw. die Vereins- oder Berufsbetreuer nach §§ 1896ff. BGB gerichtlich bestellt und überwacht sind.

Eine Einrichtung, die gem. § 1896 BGB gerichtlich zur Erbringung von Betreuungsleistungen bestellt wurde, kann sich für die Anwendung der Steuerfreiheit der aufgrund dieser Bestellung vor dem 1.7.2013 erbrachten Leistungen unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen. Die Steuerbefreiung gilt – ebenso wie die Neuregelung in § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. k UStG – unabhängig von der Rechtsform des leistenden Unternehmers, d. h. sowohl Betreuungsvereine, wie auch Berufsbetreuer und Vereinsbetreuer können sich unmittelbar auf das Unionsrecht berufen, sofern ihre Betreuungsleistungen nicht bereits nach nationalem Recht befreit sind. Aufgrund der Vergleichbarkeit der Leistung und der Anerkennungsvoraussetzungen können sich auch Einrichtungen, die als Vormünder nach § 1773 BGB oder als Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB bestellt worden sind, für die Steuerbefreiung der aufgrund dieser Bestellung vor dem 1.7.2013 erbrachten Leistungen unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g und h MwStSystRL berufen.[4]

 

Rz. 97

Leistungen, die nach § 1908i Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 1835 Abs. 3 BGB vergütet werden (Dienste, die zum Gewerbe oder Beruf des Betreuers gehören), fallen nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. k UStG, da es sich hierbei nicht um Betreuungsleistungen im eigentlichen Sinne handelt, z. B. wenn der Betreuer als Rechtsanwalt den Betreuten in einem Prozess vertritt, oder als Steuerberater die Steuererklärung für den Betreuten anfertigt.[5] Sie sind auch nicht i. S. d. Art. 134 Buchst. a MwStSystRL unerlässlich für die Ausübung der Betreuungstätigkeit, da der Schwerpunkt dieser Leistung nicht in der Betreuung der kranken oder behinderten Person liegt, sondern in der Erbringung einer allgemeinen Rechtsberatungsleistung, die nur aus Anlass der Betreuung durch die ansonsten anerkannte Einrichtung erbracht wird.

 

Rz. 98

Beruft sich ein Vormund, Ergänzungspfleger oder Betreuer für im Rahmen seiner Amtsführung bereits erbrachte Leistungen direkt auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, ist eine Anwendung des § 14c UStG für den in diesem Zusammenhang gegenüber dem zuständigen Gericht gestellten Vergütungsantrag ausgeschlossen, wenn aus dem Vergütungsantrag hervorgeht, dass das Mündel, der Pflegling oder die betreute Person Leistungsempfänger war (namentliche Nennung der Person notwendig) und der Antrag lediglich auf die Vergütung der an das Mündel, den Pflegling oder die betreute Person ausgeführten Leistung durch die Landesjustizkasse gerichtet ist. Unter diesen ...

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