Rz. 54

Steuerfrei nach § 4 Nr. 16 UStG sind neben den Hauptleistungen die eng verbundenen Umsätze. Hierunter sind solche Umsätze zu verstehen, die für diese Einrichtungen nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen.[1] Die Umsätze dürfen nicht im Wesentlichen dazu bestimmt sein, den Einrichtungen zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Umsätzen anderer Unternehmer stehen.[2] Schulungskurse und Beratungen, die Pflegeeinrichtungen im Auftrag der Pflegekassen durchführen, sind eng mit den Pflegeleistungen verbundene Umsätze.

 

Rz. 55

Zu den eng verbundenen Umsätzen zählen auch die tatsächliche Führung der jeweiligen Einrichtung, d. h. ihre Leitung, Verwaltung, Organisation, Personalführung, Versorgungs-, Beherbergungs-, Verpflegungs-, Betreuungs- und sonstige Leistungen, zu verstehen. Die Leistungen müssen nicht durch den Träger oder Inhaber der jeweiligen Einrichtung erbracht werden, sondern die Aufgaben können auch auf Dritte übertragen werden. Der Betrieb einer begünstigten Einrichtung durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts setzt voraus, dass die Einrichtung im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art unternehmerisch tätig wird. Liegt diese Voraussetzung vor, kommt es auf die einschränkenden Voraussetzungen in § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. b bis m UStG nicht an. Wird die Einrichtung von einer juristischen Person des Privatrechts oder von einer natürlichen Person betrieben, müssen je nach Einrichtung die subjektiven und objektiven Voraussetzungen von § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. b bis m bzw. nach § 4 Nr. 16 S. 2 UStG vorliegen. Für alle Einrichtungen gilt, dass die steuerbegünstigten Umsätze eng mit dem Betrieb verbunden sein müssen.

 

Rz. 56

Es kommt dabei nicht auf die Eigentumsverhältnisse an, unter denen die Einrichtungen betrieben werden. Der Eigentümer oder Träger einer der Einrichtungen kann die Aufgaben des Betriebs auf dritte Personen übertragen. Von daher sind unter "Betrieb" die eigentliche Umsatztätigkeit, aber auch die Organisation und Verwaltung der Einrichtung zu verstehen. Die Steuerbefreiung kann nur für die unmittelbar selbst bewirkten Umsätze beansprucht werden.[3] Eine Einrichtung setzt jedenfalls eine durch die Zusammenfassung sachlicher und persönlicher Mittel abgegrenzte Einheit voraus, die eine der in § 4 Nr. 16 UStG konkret beschriebenen Funktionen erfüllt, und kann deshalb grundsätzlich nicht mit dem Begriff des Unternehmers gleichgesetzt werden.[4]

 

Rz. 57

Unter diesen Voraussetzungen können zu den eng verbundenen Umsätzen gehören[5]:

  • die stationäre oder teilstationäre Aufnahme von hilfsbedürftigen Personen, deren Betreuung oder Pflege einschließlich der Lieferungen der zur Betreuung oder Pflege erforderlichen Medikamente und Hilfsmittel, z. B. Verbandsmaterial;
  • die ambulante Betreuung oder Pflege oder hauswirtschaftliche Versorgung (Einkaufen, Kochen, Verpflegen, Reinigen der Wohnung, Waschen der Kleidung) hilfsbedürftiger Personen;
  • die Lieferungen von Gegenständen, die im Wege der Arbeitstherapie hergestellt worden sind, sofern kein nennenswerter Wettbewerb zu den entsprechenden Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft besteht. Ein solcher Wettbewerb ist anzunehmen, wenn für den Absatz der im Wege der Arbeitstherapie hergestellten Gegenstände geworben wird;
  • die Gestellung von Personal durch Einrichtungen nach § 4 Nr. 16 S. 1 UStG an andere Einrichtungen dieser Art;
  • Verpflegungsleistungen, die durch Werkstätten für behinderte Menschen an die Menschen mit Behinderung erbracht werden.
 

Rz. 58

Nicht zu den eng verbundenen Umsätzen gehören insbesondere[6]:

  • die entgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken an Besucher;
  • die Telefongestellung an Patienten, die Vermietung von Fernsehgeräten und die Unterbringung und Verpflegung von Begleitpersonen[7];
  • die Veräußerung des gesamten beweglichen Anlagevermögens und der Warenvorräte nach Einstellung des Betriebs.[8] Es kann jedoch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG in Betracht kommen;
  • die Vermittlung von Pflegepersonal z. B. durch Zeitarbeitsfirmen, da es sich hier um eine nicht befreite Personalgestellung handelt[9];
  • die Abgabe von Medikamenten und Hilfsmitteln gegen gesondertes Entgelt an ehemals stationär oder teilstationär untergebrachte körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftige Personen.
[3] BFH v. 22.5.2003, V R 94/01, BFH/NV 2003, 1507 zur Frage der Abfärbung der Steuerbefreiung einer Krankenhauseinrichtung auf Leistungen einer Kurmitteleinrichtung desselben Unternehmers.

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