Rz. 44

Die Steuerbefreiung erfasst sowohl Betreuungs- als auch Pflegeleistungen für hilfsbedürftige Personen. Hilfsbedürftig sind alle Personen, die aufgrund ihres körperlichen, kognitiven oder psychischen Zustands der Betreuung oder Pflege bedürfen. Der Betreuung oder Pflege bedürfen Personen, die krank, behindert oder von einer Behinderung bedroht sind. Dies schließt auch Personen mit ein, bei denen ein Grundpflegebedarf oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz besteht. Die Pflege oder Betreuung von Kleinstkindern fällt nach Sinn und Zweck der Regelung grundsätzlich nicht unter das begünstigte Leistungsspektrum, obwohl der Gesetzeswortlaut insofern eher offen ist. Es ist unerheblich, ob die Pflege- und Betreuungsleistungen ambulant oder stationär erbracht werden. Werden die Leistungen stationär erbracht, kommt es zudem nicht darauf an, ob die Personen vorübergehend oder dauerhaft aufgenommen werden. § 4 Nr. 16 UStG selbst enthält nur eine allgemeine Definition der Betreuungs- und Pflegeleistungen. Welche Leistungen letztlich im Einzelnen in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung fallen, ergibt sich aus der Definition der nach § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. a bis m UStG begünstigten Einrichtungen. Soweit diese im Rahmen ihrer sozialrechtlichen Anerkennung Betreuungs- und Pflegeleistungen ausführen, fallen ihre Leistungen in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung.

 

Rz. 45

Nach § 14 Abs. 1 SGB XI sind pflegebedürftig i. S. d. SGB XI solche Personen, die wegen einer körperlichen, kognitiven (geistige Leistungsfähigkeit) oder psychischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße[1] der Hilfe bedürfen. Krankheiten oder Behinderungen i. S. v. § 14 Abs. 1 SGB XI sind Verluste, Lähmungen oder andere Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat, Funktionsstörungen der inneren Organe oder der Sinnesorgane, Störungen des Zentralnervensystems wie Antriebs-, Gedächtnis- oder Orientierungsstörungen sowie endogene Psychosen, Neurosen oder geistige Behinderungen.[2] Die Hilfe i. S. v. § 14 Abs. 1 SGB XI besteht in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen.[3] Pflegebedürftig sind auch Personen mit erheblichen Einschränkungen der Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI. Nicht pflegebedürftig ist, wer nur Hilfe im hauswirtschaftlichen Bereich benötigt. Die Unterbringung von Kindern, die an Diabetes mellitus leiden, im Rahmen von Vorsorgekuren, soll nicht begünstigt sein, da solche Kinder keine pflegebedürftigen Personen sind.[4]

 

Rz. 46

Unter den Begriff der Betreuung oder Pflege fallen z. B. die in § 14 Abs. 2 SGB XI – Soziale Pflegeversicherung – bzw. § 61a Abs. 2 SGB XII – Sozialhilfe – aufgeführten Leistungen für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, bei teilstationärer oder stationärer Aufnahme auch die Unterbringung und Verpflegung. Auch in den Fällen, in denen eine Einrichtung i. S. v. § 4 Nr. 16 UStG für eine hilfsbedürftige Person ausschließlich Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung (z. B. in Form von Zubereitung einer einfachen Mahlzeit, Zubereitung einer warmen Mahlzeit, Waschen der Wäsche und Bügeln, Ab- und Beziehen eines Betts, Reinigung der Wohnung (keine Grundreinigung), Einkaufen, Beheizen der Wohnung) erbringt, handelt es sich um mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege eng verbundene und somit steuerfreie Leistungen.

 

Rz. 47

Zu den hilfsbedürftigen Personen zählen nicht nur Personen mit den Pflegestufen I bis V nach § 15 SGB XI, sondern auch bedürftige Menschen mit der Pflegestufe "0" nach § 61 SGB XII, da auch diese Menschen nicht ohne Hilfe ihre täglichen Abläufe bewältigen können.

 

Rz. 48

Grundpflege nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SGB XI, § 37 SGB V und § 61a Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SGB XII sind

  • im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung,
  • im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung,
  • im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.
 

Rz. 49

Hauswirtschaftliche Versorgung nach § 14 Abs. 2 Nr. 4 SGB XI und § 61a Abs. 2 Nr. 4 SGB XII sind das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.

 

Rz. 50

Behandlungspflege sind medizinische Hilfeleistungen, die nur unter den Voraussetzungen von § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei sind. Hierzu gehören alle vom behandelnden Arzt verordneten kurativen medizinischen Leistungen, deren Durchführung aber auf andere Berufsträger delegiert wird. Die Behandlungsp...

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