Rz. 32

Versicherungsvertreter ist nach der handelsrechtlichen Begriffsbestimmung in § 92 HGB, wer als Handelsvertreter damit betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Der Handelsvertreter hat nach § 86 Abs. 1 HGB sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften zu bemühen und hierbei das Interesse des (Versicherungs-)Unternehmers wahrzunehmen. Dieser Geschäftsbereich prägt den Rechtsbegriff des Handelsvertreters bzw. Versicherungsvertreters. Andere vergütungspflichtige Haupt- oder Nebenpflichten, wie etwa eine verwaltende Tätigkeit in Form einer Kontakt- und Bestandspflege oder Betreuung, sind für die Begriffsbestimmung nicht wesentlich. Zwischen dem Vertreter und dem von ihm vertretenen Versicherungsunternehmen besteht i. d. R. eine auf gewisse Dauer angelegte vertragliche Bindung, auf deren Grundlage der Vertreter die Vermittlung (oder den Abschluss) von Versicherungsverträgen für das Versicherungsunternehmen vornimmt. Diese Rechtsbeziehung, die als Dienstvertrag mit dem Gegenstand der Geschäftsbesorgung einzuordnen ist[1], wird i. d. R. durch einen schriftlichen Vertretungsvertrag begründet[2], kann aber auch auf einer formlosen Absprache oder auf schlüssigem Verhalten der Beteiligten beruhen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH Handelsvertreter bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise schon derjenige, der ständig damit betraut ist, für die Erweiterung der Umsätze des Unternehmers zu wirken. Dafür reicht aus, dass die Tätigkeit des Handelsvertreters mitursächlich für die vermittelten Abschlüsse gewesen ist, ein Versicherungsvertreter also zumindest mittelbar an der Vermittlung eines Versicherungsvertrags mitgewirkt hat. Der Handelsvertreter bzw. Versicherungsvertreter braucht bei den einzelnen Vertragsabschlüssen also nicht persönlich mitzuwirken.[3] Allerdings kommt es für die Bestimmung des Umfangs der Steuerbefreiung auf die handelsrechtlichen Vorschriften nicht mehr (allein) an. Zu den wesentlichen Aspekten einer steuerfreien Versicherungsvermittlungstätigkeit gehört es, Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzuführen. Das bloße Erheben von Kundendaten erfüllt nicht die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlungstätigkeit. Allgemein sind Unterstützungsleistungen für die Ausübung der dem Versicherer selbst obliegenden Aufgaben steuerpflichtig. Auch Dienstleistungen wie z. B. die Festsetzung und Auszahlung von Provisionen der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter gehören nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters.[4]

 

Rz. 33

Selbstständig ist nach § 84 Abs. 1 S. 2 HGB, wer "im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann". Das entspricht – positiv ausgedrückt – den Kriterien, die § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG für die Unselbstständigkeit beruflicher und gewerblicher Tätigkeit aufstellt. Beide Vorschriften geben mit ihren unbestimmten Rechtsbegriffen nur die Richtung an und machen eine Prüfung anhand aller Umstände des einzelnen Falls unumgänglich. Ob der Vertreter in ein Versicherungsunternehmen wie ein Angestellter eingegliedert ist und einem entsprechenden Direktionsrecht unterliegt oder ob er über seine Tätigkeit qualitativ und quantitativ in eigener Verantwortung entscheiden kann, ist nach dem Gesamtbild seiner beruflichen Verhältnisse zu beurteilen.[5] Dabei muss die Vertragsgestaltung – wie die tatsächliche Handhabung der vertraglichen Beziehungen – der Stellung eines selbstständigen Versicherungsvertreters entsprechen, wozu auch ein gewisses Unternehmerrisiko aufseiten des Vertreters gehört.[6] Selbstständig kann als Versicherungsvertreter auch ein Angestellter sein, der seine Tätigkeit als Vertreter im Nebenberuf ausübt. So kann ein als Schadenssachbearbeiter im Innendienst einer Versicherungsgesellschaft Angestellter daneben auch als selbstständiger Versicherungsvertreter für diese Gesellschaft tätig sein, wenn die Beteiligten die Tätigkeitsbereiche klar und eindeutig gegeneinander abgegrenzt haben.[7]

 

Rz. 34

Nach der Legaldefinition des § 34d Abs. 1 S. 1 GewO ist derjenige Versicherungsvermittler, der gewerbsmäßig als Versicherungsmakler oder als Versicherungsvertreter den Abschluss von Versicherungen vermitteln will. Nach der Rechtsprechung des BGH[8] ist derjenige Versicherungsvermittler, der kraft rechtsgeschäftlicher Geschäftsbesorgungsmacht für einen anderen Versicherungsschutz ganz oder teilweise beschafft, ausgestaltet und abwickelt, ohne selbst Versicherungsnehmer oder Versicherer zu sein.

 

Rz. 35

Nach Art. 2 Nr. 3 Unterabs. 1 der sog. Vermittler-Richtlinie (RL 2002/92/EG) v. 9.12.2002[9] ist Versicherungsvermittlung das "Anbieten, Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung,...

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