Rz. 28

Gegenstand der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 10 UStG sind alle steuerbaren Leistungen, denen ein Versicherungsverhältnis i. S. d. VersStG zugrunde liegt. Das Steuersubjekt der VersSt ist in § 1 VersStG geregelt. Seit dem 1.7.2010 ist das Bundeszentralamt für Steuer (BZSt) die bundesweit zuständige Finanzbehörde für die Verwaltung der VersSt (und der Feuerschutzsteuer).[1]

 

Rz. 29

Das BZSt hat die Verwaltung für diese Steuern von den bis zum 30. Juni 2010 zuständigen FÄ der Bundesländer übernommen.

 

Rz. 30

Der VersSt unterliegt die Zahlung des Versicherungsentgelts aufgrund eines (durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen) Versicherungsverhältnisses. Die Steuerpflicht entsteht nach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 VersStG bei einem Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der im Gebiet der Mitgliedstaaten der EU Union oder anderer Vertragsstaaten des EWR-Abkommens niedergelassen ist, für die dort genannten Versicherungsrisiken (z. B. Bauwerke, Anlagen, Fahrzeuge, Reisen). Sind andere als die vorgenannten Risiken abgesichert, entsteht die VersSt nach § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 VersStG, wenn der Versicherungsnehmer eine natürliche Person ist und bei der Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des VersStG hat oder keine natürliche Person ist und sich bei Zahlung des Versicherungsentgelts der Sitz des Unternehmens, die Betriebsstätte oder die entsprechende Einrichtung, auf die sich das Versicherungsverhältnis bezieht, im Geltungsbereich des VersStG befindet. Besteht das Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der außerhalb der EU und des EWR-Gebiets niedergelassen ist, entsteht die Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 VersStG, wenn der Versicherungsnehmer bei der Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz im Geltungsbereich des VersStG hat oder ein Gegenstand versichert ist, der sich zzt. der Begründung des Versicherungsverhältnisses im Geltungsbereich des VersStG befand, oder sich dieses Versicherungsverhältnis auf ein Unternehmen, eine Betriebsstätte oder eine sonstige Einrichtung im Geltungsbereich des VersStG unmittelbar oder mittelbar bezieht; dies ist insbesondere der Fall bei der Betriebsstättenhaftpflichtversicherung oder der Berufshaftpflichtversicherung für Angehörige des Unternehmens, der Betriebsstätte oder der sonstigen Einrichtung.

 

Rz. 31

Der Begriff des Versicherungsverhältnisses, den auch § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG verwendet, ist im VersStG nicht definiert. Sein Inhalt muss demzufolge aus dem allgemeinen Sprachgebrauch und, da dieser entscheidend vom Versicherungsrecht geprägt wird, aus dem allgemeinen Versicherungsrecht entnommen werden. Auch das Versicherungsvertragsgesetz (VVG)[2] und das Versicherungsaufsichtsgesetz geben keine Begriffsbestimmung.[3] Nach § 1 VVG (Vertragstypische Pflichten) verpflichtet sich der Versicherer mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalls zu erbringen hat. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten.[4] Versicherer i. S. d. VersSt sind zwar in erster Linie die der Versicherungsaufsicht unterliegenden Versicherungsunternehmen. Für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 10 UStG ist aber unerheblich, ob der Versicherer die nach nationalem Recht erforderliche Zulassung besitzt.[5] Als Versicherungsvertrag gilt nicht ein Vertrag, durch den der Versicherer sich verpflichtet, für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten.[6] Der Begriff erfasst nach dem VersStG nur das Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, denn aus ihm ergibt sich allein der steuerbegründende Tatbestand, die Zahlung des Versicherungsentgelts.[7] Daraus folgt, dass Leistungen "aufgrund eines Versicherungsverhältnisses" nur von dem Versicherer oder dem Versicherungsnehmer umsatzsteuerfrei erbracht werden können, nicht aber Leistungen Dritter, z. B. Kfz-Sachverständigenleistungen in Schadensfällen. Zu beachten ist, dass die Maßgeblichkeit des allgemeinen Versicherungsrechts aufhört, wo das Versicherungsteuerrecht den allgemeinen Begriff – wie in § 2 VersStG – erweitert oder einschränkt.[8] Es handelt sich mithin um eine gegenseitige schuldrechtliche Beziehung, deren Inhalt eine "Versicherung" ist. Was zum Wesen einer Versicherung als Rechtsgeschäft gehört, lässt sich aus der bürgerlich-rechtlichen Gestaltung des Schuldverhältnisses zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer und der am Gedanken der Gefahrengemeinschaft orientierten Rechtspraxis entnehmen.[9]

 

Rz. 32

Der Begriff des Versicherungsverhältnisses/der Versicherung ist weit gefasst und nach den besonderen Zwecken des Versicherungsteuerrechts zu deuten.[10] Unter Versicherungsverhältnis ist das Verhältnis des einzelnen (Versicherungsnehmers) zum Versicherer und seine Wirk...

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