Rz. 5

Schon die 6. EG-RL kannte keine Vorschrift, aus der sich die Regelung des § 3f UStG unmittelbar ableiten lässt. Auch die MwStSystRL enthält keine Regelung zum Ort der in Art. 16 und Art. 26 den entgeltlichen Umsätzen gleichgestellten unentgeltlichen Umsätzen. Man muss das so verstehen, dass nach dem Plan der MwStSystRL die Gleichstellung auch hinsichtlich der vielfältigen Ortsbestimmungen gelten soll, sodass es einer eigenständigen Norm zur Ortsbestimmung dieser Umsätze nicht bedarf. Die Gesetzesbegründung geht also von einer nicht bestehenden Regelungsnotwendigkeit aus. Die getroffene Regelung ist nicht etwa nur klarstellend zur MwStSystRL, sondern bringt eine konstitutive und von der MwStSystRL erheblich abweichende Lösung. Damit bestehen erhebliche Zweifel an der Unionsrechtskonformität des § 3f UStG. Bisher ist diese Frage allerdings, soweit ersichtlich, noch nie Gegenstand eines Rechtsstreits gewesen.

 

Rz. 6

Offenbar sollen durch das in § 3f UStG generell angeordnete Sitzortprinzip Missbrauchsfälle vermieden werden.[1] Gedacht war dabei wohl an den Fall, dass ein inländischer Unternehmer im Ausland einen dorthin verbrachten Unternehmensgegenstand verschenkt. Die Regelung führt dazu, dass die unentgeltlichen Wertabgaben in aller Regel im Inland steuerbar sind. Lediglich in Fällen, in denen die Wertabgabe von einer ausländischen Betriebsstätte ausgeführt wird, entfällt eine Besteuerung im Inland (§ 3f Satz 2 UStG).

 

Rz. 7

Damit wird u. U. systemwidrig im Inland ein Letztverbrauch versteuert, der im Ausland stattfindet. Für die Regelung spricht allenfalls der Gesichtspunkt, dass die Erfassung der unentgeltlichen Wertabgaben im Staat, in dem nach den Ortsbestimmungen entgeltliche Leistungen steuerbar sind, erfahrungsgemäß schwieriger sein dürfte als die Erfassung am Sitzort des Unternehmers. Für derartige Überlegungen gibt die MwStSystRL aber den Mitgliedstaaten keinen Raum.

 

Rz. 8

Die Vorschrift kann in der Praxis zu Doppelbesteuerungen führen. Ermöglicht z. B. ein inländischer Unternehmer seinen Arbeitnehmern den unentgeltlichen Aufenthalt in einem ihm gehörenden Ferienhaus im Ausland, so löst dieser Tatbestand eine Besteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG i. V. m. § 3f UStG in Deutschland aus, wenn das Ferienhaus nicht als Betriebsstätte anzusehen ist. Möglicherweise findet auch noch eine Besteuerung dieses unentgeltlichen Umsatzes nach dem im Ausland geltenden Umsatzsteuerrecht statt, sodass es zu einer Doppelbesteuerung kommen kann.

Zahlen die Arbeitnehmer dagegen ein – wenn auch nur geringes – Entgelt, liegt der Leistungsort gem. § 3a Abs. 3 Nr. 1 Buchst, a UStG im Ausland, s. Abschn. 3a.3 Abs. 4 UStAE.

 

Rz. 9

Gestalterisch lässt sich die Anwendbarkeit von § 3f UStG also vermeiden, wenn ein Entgelt, wie gering auch immer, gezahlt wird, denn dann fehlt es an der Unentgeltlichkeit. Derartige Gestaltungen sind nicht missbräuchlich gem. § 42 AO, denn mit der Mindestbemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 5 i. V. m. Abs. 4 UStG hat das Gesetz selbst eine Korrekturmöglichkeit geschaffen für die mangels Fremdüblichkeit zu niedrigen Entgelten zwischen nahestehenden Personen.

[1] So Huschens, a. a. O.

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