1 Allgemeines

1.1 Entwicklung der Vorschrift

 

Rz. 1

§ 3e UStG war durch Art. 20 Nr. 4 des Gesetzes v. 21.12.1993[1] mWv 1.1.1994 neu in das UStG eingefügt worden und betraf zunächst nur die Lieferungen von Gegenständen an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn. Die Vorschrift beruhte auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL i. d. F. des Art. 1 Nr. 4 der RL 92/111/EWG des Rates v. 14.12.1992.[2] Sie erfasste in ihrer ursprünglichen (bis 26.6.1998 gültigen) Fassung nur die Lieferungen von nicht zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmten Gegenständen. Für die Lieferung von Gegenständen, die zum Verbrauch an Bord des Beförderungsmittels bestimmt sind, sollte die EU-Kommission gem. Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Abs. 2 der 6. EG-RL einen Vorschlag unterbreiten, über den der Rat bis zum 31.12.1993 entscheiden sollte. Nachdem diese Frist nicht eingehalten worden war und weil die meisten EU-Mitgliedstaaten die Abgabe von Waren zum Verzehr an Ort und Stelle seit jeher als Dienstleistungen (= sonstige Leistungen) ansahen, entschloss sich der deutsche Gesetzgeber dazu, diese sog. Restaurationsumsätze von der Regelung des § 3e UStG auszunehmen. Andernfalls hätte auch die Gefahr von Doppelbesteuerungen bzw. Nichtbesteuerungen bestanden.

 

Rz. 2

Durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes v. 23.6.1998[3] wurde mWv 27.6.1998 der bis dahin in § 3e Abs. 1 UStG enthaltene Nebensatz "der nicht zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmt ist" (woraus sich ergab, dass die Ortsbestimmung nur für Lieferungen von nicht zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmter Gegenstände galt) gestrichen. Die Streichung beruhte darauf, dass nach der mit dem Gesetz v. 23.6.1998 erfolgten Neufassung von § 3 Abs. 9 S. 4 und 5 UStG die Abgabe von Speisen und Getränken, die zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmt sind, als sonstige Leistung anzusehen war. Deshalb bedurfte es dem gestrichenen Nebensatz in § 3e Abs. 1 UStG nicht mehr. Somit hatte die Änderung keine materiell-rechtliche Auswirkung. Auslöser der Gesetzesänderungen war das EuGH-Urteil v. 2.5.1996[4], mit dem der EuGH die sog. Restaurationsumsätze (Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr) als Dienstleistungen (= sonstige Leistungen) beurteilt hatte. Aufgrund dieses Urteils wurden alle nationalen Regelungen gegenstandslos, die bis dahin von einer Beurteilung der Restaurationsumsätze als Lieferungen ausgegangen waren.

 

Rz. 3

Durch Art. 7 Nr. 4 des Jahressteuergesetzes 2009 v. 19.12.2008[5] wurde § 3e UStG mWv. 1.1.2010 neu gefasst. Diese Fassung gilt seither unverändert. Geändert wurden mit der Neufassung jedoch nur die Überschrift der Regelung (Erweiterung auf Restaurationsleistungen) und § 3e Abs. 1 UStG (§ 3e Abs. 2 UStG blieb in seiner Fassung unverändert). Die Ortsregelung (in § 3e Abs. 1 UStG) wurde erweitert auf die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistungen), die an Bord eines Schiffs, in einem Flugzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt. Mit der Neufassung wurde Art. 57 MwStSystRL in der seit 1.1.2010 geltenden Fassung von Art. 2 der RL 2008/8/EG[6] in nationales Recht umgesetzt. § 3e UStG regelte vor seiner Neufassung ausschließlich den Ort der Lieferungen von Gegenständen an Bord eines Schiffs, in einem Flugzeug oder in einer Eisenbahn, die während der Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets abgegeben werden. In diesen Fällen lag der Leistungsort am Abgangsort des Beförderungsmittels. Seit der Neufassung erstreckt sich die Vorschrift auch auf sonstige Leistungen, die in der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistungen) in den genannten Beförderungsmitteln Schiff, Flugzeug oder Eisenbahn bestehen. Auch bei diesen Leistungen befindet sich der Leistungsort am Abgangsort des jeweiligen Beförderungsmittels. Bis zum 31.12.2009 bestimmte sich der Leistungsort bei diesen Restaurantumsätzen nach dem Ort, an dem sich der Sitz oder die Betriebsstätte des leistenden Unternehmers befand.

[1] Gesetz zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts – StMBG – v. 21.12.1993, BGBl I 1993, 2310.
[2] ABlEG Nr. L 384, 47; jetzt Art. 37 MwStSystRL.
[3] Gesetz zur Datenermittlung für den Verteilungsschlüssel des Gemeindeanteils am Umsatzsteueraufkommen und zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 23.6.1998, BGBl I 1998, 1496, BStBl I 1998, 873.
[4] EuGH v. 2.5.1996, C-231/94, Faaborg-Gelting Linien, BStBl II 1998, 282.
[5] JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74.
[6] RL 2008/8/EG des Rates v. 12.2.2008 zur Änderung der RL 2006/112/EG bezüglich des Ortes der Dienstleistung, ABl. EU 2008, Nr. L 44/11.

1.2 Zweck und Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 4

§ 3e UStG trifft besondere Bestimmungen über den Ort bestimmter Lieferungen und Restaurationsleistungen. Sie geht als Sondervorschrift den allgemeinen Bestimmungen über den Ort der Lieferung[1] und den Ort von sonstigen Leistungen[2] vor. Unberührt bleiben die übrigen für Lieferungen geltenden Vorschriften, insbesondere die Befreiungsvorschriften für innerg...

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