1.2.1 Versandhandelsregelung bis zum 30.6.2021

 

Rz. 5

§ 3c UStG enthielt bis zum 30.6.2021 die sog. Versandhandelsregelung, die sich allerdings nicht nur – wie in den ursprünglichen Kommissionsentwürfen vorgesehen – auf typische Versandhandelsumsätze auf der Basis von Bestellungen im Rahmen des Katalogversands beschränkt. Die Vorschrift sah eine besondere, von den Regelungen in § 3 Abs. 6 bis 8 UStG abweichende, Bestimmung des Lieferorts für die Fälle vor, in denen der Lieferer Gegenstände in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet und der Abnehmer einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a UStG nicht zu versteuern hat. In diesen Fällen liegt der Ort der Lieferung grundsätzlich am Ende der Beförderung oder Versendung (Bestimmungsland); das bedeutet, dass der Lieferer dort die Steuer auf die Lieferung schuldet und den Erklärungs- und Zahlungspflichten im Bestimmungsland unterliegt (ggf. mit Pflicht zur Bestellung eines Fiskalvertreters). Somit wird auf technisch anderem Weg als durch die Erwerbsbesteuerung und die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung für den innergemeinschaftlichen kommerziellen Handel mit § 3c UStG das Bestimmungslandprinzip für den innergemeinschaftlichen nicht kommerziellen Handel aufrechterhalten.[1]

 

Rz. 5a

Die bis zum 30.6.2021 geltende Fassung von § 3c UStG (Ort der Lieferung in besonderen Fällen, s.g. Versandhandelsregelung) lautete:

(1) Wird bei einer Lieferung der Gegenstand durch den Lieferer oder einen von ihm beauftragten Dritten aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates oder aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete befördert oder versendet, so gilt die Lieferung nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung endet. Das gilt auch, wenn der Lieferer den Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat.

(2) Absatz 1 ist anzuwenden, wenn der Abnehmer

  1. nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 genannten Personen gehört oder
  2. a) ein Unternehmer ist, der nur steuerfreie Umsätze ausführt, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, oder

    b) ein Kleinunternehmer ist, der nach dem Recht des für die Besteuerung zuständigen Mitgliedstaates von der Steuer befreit ist oder auf andere Weise von der Besteuerung ausgenommen ist, oder

    c) ein Unternehmer ist, der nach dem Recht des für die Besteuerung zuständigen Mitgliedstaates die Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger anwendet, oder

    d) eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt,

    und als einer der in den Buchstaben a bis d genannten Abnehmer weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet. Im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn bei dem Lieferer der Gesamtbetrag der Entgelte, der den Lieferungen in einen Mitgliedstaat zuzurechnen ist, die maßgebliche Lieferschwelle im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet und im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat. Maßgebende Lieferschwelle ist

  1. im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten der Betrag von 100 000 Euro,
  2. im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates der von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Betrag.

(4) Wird die maßgebende Lieferschwelle nicht überschritten, gilt die Lieferung auch dann am Ort der Beendigung der Beförderung oder Versendung als ausgeführt, wenn der Lieferer auf die Anwendung des Absatzes 3 verzichtet. Der Verzicht ist gegenüber der zuständigen Behörde zu erklären. Er bindet den Lieferer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge. Absatz 2 Nr. 2 und Absatz 3 gelten nicht für die Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren.

 

Rz. 6

Die Ortsbestimmung des § 3c UStG i. d. F. bis zum 30.6.2021 hat vor allem Bedeutung für innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze mit Privatpersonen. Durch die von § 3 Abs. 6 und Abs. 8 UStG abweichende und vorrangig anzuwendende Verlagerung des Orts der Lieferung an das Ende der Beförderung bzw. Versendung soll die Besteuerung von Lieferungen insbesondere an Endverbraucher im Bestimmungsland gewährleistet werden. Das für Privateinkäufe geltende Ursprungslandprinzip bleibt deshalb auf reine Abholfälle beschränkt. Eine uneingeschränkte Anwendung des Ursprungslandprinzips hätte nach Meinung der meisten EU-Länder zu Wettbewerbsverzerrungen und Aufkommensverschiebungen zugunsten der Länder mit niedrigen Umsatzsteuersätzen geführt, da Verbraucher per Versand gezielt in Niedrigsteuerländern einkaufen könnten.

 

Rz. 7

Die sog. Versandhandelsregelung des § 3c UStG i. d. F. bis zum 30.6.2021 wurde zu Recht in ihrer praktischen Handhabung als zu kompliziert kritisiert.[2] Damit der Lieferer entscheiden kann, w...

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