Rz. 435

§ 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 9 hat neben der Nr. 8 des § 3a Abs. 4 S. 2 UStG eine weitere Verzichtshandlung zum Inhalt; auch ihre unionsrechtliche Grundlage findet sich in Art. 59 Buchst. d MwStSystRL. Hier wird auf die Ausübung einer gewerblichen oder sonstigen beruflichen Tätigkeit verzichtet; die sonstige Leistung besteht mithin in einem Unterlassen. Dabei kann unter der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit i. S. d. Nr. 9 nur eine selbstständige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 UStG gemeint sein, denn die Ausübung unselbstständiger beruflicher Tätigkeiten führt nicht zur Unternehmereigenschaft nach der genannten Vorschrift.[1] Der entgeltliche Verzicht auf die Ausübung einer unselbstständigen Tätigkeit – z. B. die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindungszahlung – ist aus diesem Grund nicht steuerbar und kann daher auch nicht unter die Ortsregelung des § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG fallen. In Anbetracht des beschränkten Anwendungsbereichs des § 3a Abs. 4 UStG (Rz. 300ff.) dürfte die Regelung allerdings kaum noch von praktischer Relevanz sein, denn derartige sonstige Leistungen dürften zumeist zwischen Unternehmern ausgetauscht werden und deshalb zum Anwendungsbereich des § 3a Abs. 2 UStG führen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die nachfolgend genannte Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Vorgängerregelung ergangen ist.

 

Rz. 436

Unter § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 9 UStG könnten z. B. sog. Wettbewerbsabsprachen, wie der Verzicht auf die Lieferung bestimmter Produkte in bestimmte Regionen oder der Verzicht, sich nach dem Ausscheiden aus einer Freiberufler-GbR in der unmittelbaren Nachbarschaft dieses Unternehmens beruflich niederzulassen, fallen. Nach der Neuregelung des § 3a UStG lassen sich allerdings bei dem beschränkten Anwendungsbereich – der Leistungsempfänger muss im Drittlandsgebiet ansässiger Nichtunternehmer sein – nur schwer Beispielsfälle finden.[2]

 

Rz. 437

Zu beachten ist, dass Landwirte, die sich gegenüber einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (z. B. gegenüber dem Bund oder der EU) verpflichten, bestimmte landwirtschaftliche Nutzflächen nicht zu bewirtschaften und dafür sog. Stilllegungsprämien erhalten, keine steuerbaren Leistungen an diese öffentlich-rechtlichen Körperschaften erbringen,[3] insoweit erübrigt sich die Anwendung des § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 9 UStG für diese denkbaren Fälle. Gleiches gilt für Landwirte, die sich gegen Zahlung einer Prämie zur Aufgabe oder Beschränkung der Milcherzeugung verpflichten.[4]

Rz. 438–440 einstweilen frei

[1] Kossack, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 3a UStG Rz. 96; Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 3a UStG Rz. 568.
[2] Kossack, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 3a UStG Rz. 98, nennt etwa einen Schweinemastbetrieb an der Schweizer Grenze, der sich gegen Entgelt gegenüber einer (nicht unternehmerisch tätigen) Schweizer Tierschutzorganisation dazu verpflichtet, seinen Gewerbebetrieb nur noch beschränkt auszuüben; hier liegt der Leistungsort in der Schweiz.
[4] EuGH v. 29.2.1996, C-215/94, Jürgen Mohr, EU:C:1996:72, BB 1996, 1596.

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