Rz. 205

Nicht erst seit der Neufassung des § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG zum 30.6.2013[1] kommt der Abgrenzung zwischen der kurzfristigen und der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln bei der Bestimmung des Leistungsorts erhebliche Bedeutung zu; durch die unionsrechtlich vorgegebene (Rz. 200) neue Regelung hat sich diese aber noch erhöht, weil der Leistungsort auch in einem Drittstaat liegen kann. Zunächst ist der Ort der Leistung bei einer kurzfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels – unabhängig von der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers – gem. § 3a Abs. 3 Nr. 2 S. 1 UStG regelmäßig der Ort, an dem das Beförderungsmittel dem Leistungsempfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird; das ist nach der Verwaltungsauffassung der Ort, an dem das Beförderungsmittel dem Leistungsempfänger übergeben wird[2] oder unionsrechtlich gesprochen der Ort, an dem das Beförderungsmittel unmittelbar physisch in Besitz genommen wird.[3] Dabei ist davon auszugehen, dass damit die Verschaffung der tatsächlichen Sachgewalt an der Sache gemeint ist und nicht bereits die Verschaffung der Berechtigung zur Nutzung, wie es z. B. bei der Vertragsunterzeichnung der Fall ist.[4]

Entscheidend ist demnach der Ort, an welchem dem Leistungsempfänger das Fahrzeug übergeben wird; bei einem gemieteten Pkw z. B. der Ort der Autovermietung, an dem er Schlüssel und Fahrzeug erhält.

 

Rz. 206

Eine kurzfristige Vermietung liegt nach § 3a Abs. 3 Nr. 2 S. 2 Nr. a und Nr. b UStG[5] vor, wenn die Vermietung des Beförderungsmittels über einen ununterbrochenen Zeitraum von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen und von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln[6] – wie den praxisrelevanten Kfz – erfolgt.

 
Praxis-Beispiel

Das Autovermietungsunternehmen B mit Sitz in Düsseldorf vermietet an den französischen Unternehmer U einen Pkw für drei Wochen. Die Übergabe des Pkw erfolgt an der Betriebsstätte des B in Italien.

Der Leistungsort für die Vermietungsleistung des B an U ist in Italien, dem Ort, an dem der vermietete Pkw tatsächlich von B an U übergeben wird.

Das Besondere an dieser Leistungsortsbestimmung ist demnach, dass es weder auf den Sitz des Leistenden noch den des Leistungsempfängers ankommt, sondern auf den der tatsächlichen Übergabe, mithin auf ein tatsächliches Geschehen; es ist des Weiteren (nur bei der kurzfristigen Überlassung) unbeachtlich, ob der Leistungsempfänger Unternehmer ist oder nicht. Insoweit dürfte es für die Praxis wichtig sein, derartige "Geschehen" auch nachvollziehbar zu dokumentieren. Die Feststellung des richtigen Sachverhalts dürfte daher vor allem dann die eigentliche Schwierigkeit zur Bestimmung des richtigen Leistungsorts darstellen, wenn es an entsprechenden Aufzeichnungen fehlt. Die weitere Besonderheit besteht darin, dass es unbeachtlich ist, wenn das Beförderungsmittel nach der Übergabe in einem weiteren Staat genutzt wird, wenn also das oben im Beispiel genannte Fahrzeug etwa auch in Slowenien und Kroatien genutzt wird.

 

Rz. 207

Die unionsrechtlichen Vorgaben des ab dem 1.1.2013 geltenden Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL sprechen allerdings bei einer "kurzfristigen Vermietung" etwas abweichend formuliert von der ‚Vermietung über einen kürzeren Zeitraum, gemeint ist damit aber wohl das Gleiche, auch weil der Abs. 3 der Regelung dem deutschen Gesetz entspricht.[7]

 

Rz. 207a

Zu beachten ist, dass sich die Dauer der Vermietung nach der früheren deutschen Verwaltungsauffassung nicht nach der vertraglichen Vereinbarung richten sollte, sondern nach der tatsächlichen Dauer der Nutzungsüberlassung.[8] Diese strikte Regelung widersprach allerdings der hier unmittelbar geltenden Bestimmung in Art. 39 Abs. 1 MwStVO, wonach sich die Dauer der Nutzung auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarung zwischen den beteiligten Parteien bestimmt; in der aktuellen Fassung des Abschn. 3a.5 Abs. 5 UStAE findet sie sich nicht mehr. Jedenfalls begründet der abgeschlossene Vertrag "eine Vermutung, die durch jegliche auf Fakten oder Gesetz gestützte Mittel widerlegt werden kann, um die tatsächliche Dauer des Besitzes oder der Verwendung während eines ununterbrochenen Zeitraums festzustellen". Insoweit ist deshalb immer zuerst auf die vertragliche Vereinbarung und dann auf eventuelle abweichende tatsächliche Umstände zu achten. Wird ein Fahrzeug mehrfach unmittelbar hintereinander für einen Zeitraum vermietet, liegt eine kurzfristige Vermietung nur dann vor, wenn der ununterbrochene Vermietungszeitraum von nicht mehr als 90 Tagen bzw. 30 Tagen insgesamt nicht überschritten wird. Sollte der Zeitraum der Vermietung dagegen aufgrund höherer Gewalt verlängert werden, so ist dieser Zeitraum bei der Abgrenzung einer kurzfristigen von einer langfristigen Vermietung nicht zu berücksichtigen.[9]

 

Rz. 208

Werden Beförderungsmittel dagegen langfristig vermietet, ist der Leistungsort anders geregelt. Bei einer langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln ist zunächst weiter danach zu unterscheiden, ob sie an einen Unternehmer...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge